Niedersachsen

[Besorgter 51]

Vielleicht fusionieren die Grünen ja irgendwann mit den grauen Panthern, um dann den Abtritt zu proben ... ?

 

Niedersachsen

"Habt Ihr denn keine Kinder mehr?''

 

Irgendwann kommen alle mal in die Jahre, und die Grünen sind es, die das an diesem Wochenende besonders zu spüren bekommen.

 

 

Melle. "Je oller, je doller" steht als Motto über dem Parteitag, der sich mit der Alterung der Gesellschaft beschäftigt. Das Thema ist nicht unbedingt geeignet, die ansonsten heitere Stimmung der Grünen noch zu heben. So schafft es beispielsweise Anne Rameil, eine relativ junge Frau aus Cloppenburg, dem kinderreichsten Kreis Deutschlands, die Parteifreunde ein wenig zu schocken.

 

"Früher haben auf unseren Parteitagen immer die Kinder gespielt", sagt sie oben am Stehpult ins Mikrophon, "aber heute war ich die einzige, die ihren Nachwuchs mitgebracht hat. Habt Ihr keine Kinder mehr"? Eisiges Schweigen ist die Reaktion, manche Delegierte blicken zur Seite - und sehen viele ergraute Mitstreiter. In der dann folgenden mehrstündigen Debatte werden mehrere Selbstzweifel laut: Sind unsere Positionen angesichts von Bevölkerungsrückgang und Alterung noch richtig?

 

Nein, meint die Landesvorsitzende Brigitte Pothmer und legt den Finger auf wunde Punkte. Bisher redeten die Grünen von "wohnortnaher Versorgung".Aber wenn die Dorfbevölkerung schrumpft, lassen sich Schulen, Einkaufszentren und Schwimmbäder nicht mehr überall halten - es sei denn, zu kräftig erhöhten Gebühren. Die Zusammenlegung mehrerer Landkreise sei notwendig, meint Pothmer, außerdem die Gesamtschule, weil die Auffächerung in drei Schulformen gar nicht mehr bezahlbar sei. Es sei nicht mehr zeitgemäß, die Eltern für Kindergärten zur Kasse zu bitten, nicht aber die Studenten. "Die soziale Spaltung findet in den Schulen statt, nicht an den Universitäten".

 

Noch zwei Reizbegriffe tippt die Grünen-Vorsitzende an: Über eine längere Lebensarbeitszeit müsse man nachdenken, und auch darüber, ob man Eltern und Ehrenamtliche zur Betreuung in Schulen einsetzt. In einem Punkt allerdings bleibt Pothmer strikt auf der bisherigen Linie: "Frauen verzichten lieber auf Kinder als auf ihren Arbeitswunsch. Es geht also darum, wie Frauen Karrierewunsch und Familie besser unter einen Hut bekommen können".

 

Bestätigt sehen sich die Grünen hier durch die Studie des Berlin-Instituts, das die Bevölkerungsentwicklung gründlich beleuchtet hat. Mitautor Rainer Klingholz ermahnt als Gastredner die Grünen allerdings: Es sei zwar schön und gut, für Gleichberechtigung zu werben. Das Problem sei aber zunehmend, dass jungen Männern der Schritt zur Familiengründung schwer falle "auch weil sie sich gegenüber emanzipierten Frauen nur wenig durchzusetzen wüssten. "Wenn wir mehr Kinder wollen, müssen wir uns auch um die Männer kümmern"

 

Der Satz ist provokant, aber die Parteitagsdebatte dreht sich eher um andere Details des Problems. Keinesfalls sollten die schrumpfenden Dörfer ihre Klärwerke stilllegen, fordert ein Delegierter. Ein anderer wirbt für den Abriss von Hochhäusern. "Eine Partei, die Massentierhaltung ablehnt, kann die Hochhäuser nicht schützen wollen." Der nächste will, dass reiche Rentner ihren Anteil an Staatsschulden an eine Stiftung zahlen, die daraus Bildungsausgaben bestreitet.

 

Immerhin haben die Grünen einen Star, der am praktischen Beispiel zeigt, wie gut man die Folgen der Alterung auffangen kann: Ralf Abrahms, Bürgermeister aus Bad Harzburg, hat es vorgemacht, wie man mit einer mutigen Sparpolitik den Bevölkerungsschwund auffängt - ohne dass die Stadt in Überschuldung endet. Weil es kaum noch Kinder im Ort gibt, hat er eine Schule als Wohnhaus verkauft, das Kinderheim auch, die Steuern wurden erhöht. Sekretärin, Fahrer und Bürgermeister-Stellvertreter wurden abgeschafft. Abrahms ist froh, denn es gehe jetzt wieder aufwärts mit den Finanzen wie mit der Einwohnerzahl. Ein schönes Beispiel, der Parteitag klatscht kräftig Applaus.

 

Vgl. http://www.haz.de/niedersachsen/264125.html