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Fehlermöglichkeiten bei Geschwindigkeitsmessungen mit RADAR und Lichtschranken.

Radarfalle.de Forum: Archiv: 2001: Allgemein: Fehlermöglichkeiten bei Geschwindigkeitsmessungen mit RADAR und Lichtschranken.
By Rainer G. (212.185.249.121) on Sonntag, den 20. Mai, 2001 - 15:12:

Meine Frage richten sich in erster Linie an die Hersteller der Geräte, an die Polizeibeamten und an Juristen, aber auch an interessierte Laien. Ich bitte daher letztere um sachliche Beiträge. Anonyme Provokationen bringen nichts und disqualifizieren den Schreiber nur.

Sehr geehrte Damen und Herren.

Bei der Messung mit den o.g. Geräten wird die Geschwindigkeit des gemessenen Fahrzeugs um den Betrag der von der PTB festgelegten und den Eichämtern überwachten Toleranz zu Gunsten des Beschuldigten vermindert. Diese beträgt bei Radar und Lichtschranke jeweils 3% bei v > 100 km/h und 3 km/h bei v< 100 km/h.
Die Kontrollpflicht der PTB und der Eichämter erstreckt sich aber nur auf die Toleranz der jeweiligen Geräte. Daran halten sich auch die Gerichte.
Was aber ist mit der Toleranz die sich durch die Aufstellung mobiler Geräte ergibt. Zwar wird das Bedienungspersonal nach bestem Wissen und Gewissen handeln und die Geräte so genau wie möglich aufstellen, aber eine 100%-ige Genauigkeit wird auch hier nur zufällig erreicht, d.h. auch die Aufstellung ist immer mit einer gewissen Toleranz behaftet. Im Idealfall stünde also das Radargerät parallel zum Fahrbahnrand und die Lichtschranke mit den Lichtkanonen rechtwinklig zum Straßenrand.
Betrachtet man zunächst mal von der Physik her die beiden Meßverfahren, so liefert die Radarmessung nur dann ein korrektes Ergebnis, wenn der elektromagnetische Meßstrahl das Fahrzeug genau in Fahrtrichtung trifft. Man müßte also direkt von der Fahrbahn aus das Fahrzeug frontal anmessen. Da das aber nicht möglich ist, wird es schräg vom Straßenrand aus angemessen und zwar. Das aber hat zur Folge, daß die gemessene Geschwindigkeit um den Faktor des Cosinus des Meßwinkel kleiner ist. Dieser Faktor ist aber in den Auswertungsalgorithmus des Radargerätes einprogrammiert und korrigiert die Messung dann entsprechend. Bei den Multanova-Geräten beträgt der Winkel 22°.
Nehmen wir an, der durch die Aufstellung eines mobilen Gerätes entstehende Parallaxenfehler beträgt nur 1°, dann haben wir entweder 23° oder 21°: Der Cosinus von 22° beträgt 0,9272,
der cos 21° = 0.9336 und der cos 23° = 0,9205.
Bei einem Winkelfehler von 1° würde dann die gemessene Geschwindigkeit entweder um den Faktor (cos22°)/(cos23°)= 0,9931 bzw. (cos22°)/(cos21°)= 1,0073 falsch sein.
Die Fehlergrenzen der Messung unter Berücksichtigung der 3% Gerätetoleranz würden dann in den Extremfällen bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 100 km/h entweder 1,03 x 1,0073 = 1,0375, also 1003,75 km/h betragen wenn das Gerät an der oberen Toleranzgrenze liegt und der aufstellungsbedingte Fehler negativ - also 22° - ist. Im anderen Extrem (Gerät liegt an der unteren Toleranzgrenze und die Aufstellung beträgt 23°) wären es Faktor 0,97 x 0,9931 = 0,9634, also 96,34 km/h.
Anders liegen die Zahlen bei der Lichtschranke. Das Gerät zeigt dann exakt an, wenn die Lichtstrahlen rechtwinklig zur Fahrtrichtung verlaufen und die gemessene Geschwindigkeit nimmt mit dem Sinus dieses Winkels ab. Nehmen wir auch hier einmal an daß der durch die Ungenauigkeit der Aufstellung bedingte Winkelfehler nur 1° beträgt. Dann ist entweder mit 89° oder 91° zu rechen. Das der Sinus von 89° und 91° gleich ist und 0,9998 beträgt ist die gemessene Geschwindigkeit statt 100 km/h nur 99,98 km/h. Rechnet man jetzt noch die Gerätetoleranz von 3% ein dann ergeben sich die Extremwerte zu: 0,9998 x 1,03 = 0,9707 , das wären dann bei 100 km/h nur 97,07 km/h und im anderen Extrem 0,9998 x 0,97 = 0,9699, also 96,99 km/h.
Hieraus ist zu sehen, daß die Radarmessung auf mögliche Aufstellungsungenauigkeiten empfindlicher reagiert und größere Fehlmessungen liefert als die Lichtschrankenmessung.

Meine Fragen sind nun:
1) Wie genau lassen sich die besagten Geräte bei der Aufstellung ausrichten, bzw. welche Fehlwinkel sind da zu erwarten, wie sind die da Erfahrungen der Polizei ?
2. Inwieweit werden bei Rechtsstreitigkeiten von dem jeweils erkennenden Gericht diese möglichen Meßungenauigkeiten berücksichtigt. M.W. berücksichtigt ein Gericht doch nur die von der PTB festgelegten Toleranzen der Geräte, nicht aber die möglichen aufstellungsbedingten Ungenauigkeiten?


MfG
Rainer G.
Fachbereich E-Technik
FH Gießen

By farendil (217.0.227.123) on Sonntag, den 20. Mai, 2001 - 16:37:

@rainer: normale radaranlagen dürfen wie geasgt nur an geraden straßen (oder nur bis zu einem kurvenwinkel von x grad, was dann aber fast einer geraden entspricht) aufgebaut werden.

um meßfahler zu vermeiden muß das gerär parralel zur straße ausgerichtet werden bzw. de pkw exakt geparkt werden.

zum nachweis desselben sind von der meßkonstellation vor beginn jeder messung fotos anzufertigen.


bei laserpistolen ist es ähnlich.
beim laveg muß das gerät bis x meter an der straße aufgestellt werden.
eine aufstellung weiter entfernt ist nicht oder nur unter erhöhten zuschlägen zulässig.


diese toleranzen sind nach angaben der ptb schon mit eingerechnet, d.h. die fehlergenauigkeit an sich ist wesentlich geringer als 3km/h (3%).

angaben, wie sich der sicherheitszuschalg zusammensetzt, sind mir nicht bekannt.
dies wird von der ptb scheinbar auch nicht preisgegeben.


mehr informationen gibts in der speeding faq von mathias hehn die aber derzeit offline ist :-((

By officer (213.187.67.200) on Montag, den 21. Mai, 2001 - 08:20:

@Rainer G
Du hast das Problem mit dem genauen Aufstellen einer Radarmeßanlage erkannt. Das Problem ist wirklich, der "0"-Wert z.b. bei Multanova auf 22° festgelegt wurde. Nun ergibt sich das Problem des exakten Aufstellens des Radargerätes um die 22° einzuhalten. Das Aufstellen wird durch die Beamten sehr exakt vorgenommen, man stellt das gerät nicht nur einfach so hin. Zumindest ist das bei uns so, für andere kann ich da ja nicht sprechen. Da der Foto-Winkel am Gerät fest vorgegeben ist, kann man die Aufstellung des Gerätes sicherlich anhand der Testfotos rekonstruieren. Eine andere Winkelabweichung kann sich ergeben, wenn ein Fahrzeug z.B. nach einem Überholvorgang oder beim Fahrstreifenwechsel seine Bewegungsrichtung ändert und gerade in diesem Moment gemessen wird. Das wiederum ist dann ja auch auf dem Foto zu erkennen.
Mir ist nicht bekannt, daß ein größerer Toleranzabzug als die 3 km/h oder 3% gewährt wurden. Nur ein Urteil ist mir in erinnerung, da hat mal ein AG bei der Messung des abfließenden Verkehrs mit Multanova eine Höhere Toleranz, ich glaube 5 km/h, zugebilligt. Das Urteil wurde aber durchs OLG aufgehoben, mit der Begründung das höhere Tolreanzabzüge auch bei Messungen des abfließenden Verkehrs nicht zulässig seien.

Im Übrigen denke ich auch, daß "geringe Aufstellfehler" bereits durch die PTB mit berücksichtigt sind.

@farendil

"bei laserpistolen ist es ähnlich.
beim laveg muß das gerät bis x meter an der straße aufgestellt werden.
eine aufstellung weiter entfernt ist nicht oder nur unter erhöhten zuschlägen zulässig."

Sämtliche mir bekannten Lasermeßgeräte sind auf 0° Meßwinkel festgelegt. Dadurch ergibt sich infolge des Cosinus-Effectes immer eine für den Betroffenen geringere Geschwindigkeit. Ein Rückrechnen ist nicht erlaubt! Wie kommst Du auf die Sache mit dem Laveg? Gerade bei größeren Winkeln, wirkt sich das doch noch günstiger für den Betroffenen aus, da brauch ich doch keinen noch größeren Toleranzabzug.

Im übrigen sei gesagt, daß gerade bei Lasergeräten der Toleranzabzug von 3 km/h so riesig ist, daß man sich fragen muß, was das soll. Aber die PTB hält da offensichtlich an alten Ritualen fest. ;-)

By Rainer G. (212.201.18.76) on Mittwoch, den 23. Mai, 2001 - 10:49:

@Officer

Hallo Officer,

besten Dank für die Ausführungen. Daß die Aufstellung der Geräte nach bestem Wissen und Gewissen der Polizeibeamten erfolgt sehe ich als selbstverständlich an. Ich glaube auch daß die Meßgenauigkeit sowohl der Radar- als auch der Lichtschrankengeräte weit besser ist als 3% und daß sich der Meßfehler eher auf die Streuung bei der Aufstellung erstreckt. Denn 3% Abweichung bei der Aufstellung ist doch schon recht groß und ich glaube daß auch jeder Polizeibeamte dies genauer hinbekommt.
Daß die PTB 3% Meßunsicherheit zuläßt liegt m.E. daran, daß diese Geräte ja keine Feinmeßgeräte sondern Betriebsmeßgeräte sind und da gelten die Fehlergrenzen von 3%. Auch für allgemein geeichte Geräte wie z.B. Elektrizitätszähler gilt 3%. Allerdings weiß ich von einem Mitarbeiter des für uns zuständigen EVU daß mit 3% kein Zähler raus geht, sondern die sind alle genauer. Daher kann auch berechtigt angenommen werden, daß die Geschwindigkeitsmeßgeräte durchaus genauer sind als 3% bzw. 3km/h
Als Nachrichtentechniker an einer Fachhochschule interessierte mich vor allem die physikalische Seite des Radarverfahrens, da ich ja u.a. auch den Studenten darüber Auskunft geben muß, denn Mikrowellentechnik ist Bestandteil unserer Nachrichtentechnischen Praktika.
An der TU Darmstadt gab es sogar mal einen Praktikumsversuch mit Geschwindigkeitsmessung mit Radar. Dazu wurde allerdings noch ein altes Gerät benutzt: Telefunken VRG und die Fahrzeuge von hinten angemessen. Die Versuchsanleitung habe ich von einem unserer Professoren freundlicherweise erhalten, weshalb ich mich auch etwas ausführlicher mit dieser Technik befassen konnte.
Von Berufswegen komme ich nämlich aus einem ganz anderen Gebiet der Nachrichtentechnik, nämlich Rundfunkstudiotechnik "Ton".
Unabhängig davon haben mich die Verkehrssteurungs- und Überwachungsanlagen schon immer interessiert.
Ich habe mir auch schon Gedanken dazu gemacht über die Radarmessung in Kurven. M.E. müßte dies doch prinzipiell möglich sein, es muß dann nur das Radargerät parallel zur Tangente der Kurve stehen. Das aber dürfte schwierig sein diese genau zu ermitteln und das Gerät dann entsprechend auszurichten. Hier wird man nicht umhin kommen, mit einem Fahrzeug mit geeichtem Tachometer Probemessungen zu machen und miteinander zu vergleichen und das Gerät dann - der korrekte Winkel läßt sich ja dann aus der Geschwindigkeitsabweichung von Radar und Tachoanzeige errechnen - entsprechend ausrichten.
Frage an Officer: Sind solche Versuche schon mal gemacht worden, oder hat man bisher nur die Lichtschranke in Kurven verwendet? Oder wird überhaupt in Kurven gemessen?

MfG
Rainer G.

By officer (213.187.66.227) on Donnerstag, den 24. Mai, 2001 - 10:04:

Solche "Kurven-Versuche" sind sicherlich schon mal durch Löhle o.ä. gemacht worden. Auch Lichtschranken wurden schon gutachterlich auf Abtastfehler untersucht. Ich kenn Radarmessungen nur auf der Geraden.


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