Jump to content

Strafbarkeit Von "ersatzfahrern" Gerichtlich Bestätigt


Recommended Posts

„Führen der Täter einer Ordnungswidrigkeit und eine mit ihm zusammenwirkende, an der Tat unbeteiligte Person die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre, indem sich die weitere Person selbst zu Unrecht der Täterschaft bezichtigt, kann dies für den Täter zu einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und für die weitere Person wegen Beihilfe hierzu führen.“ - OLG Stuttgart - Urteil vom 23.07.2015 – 2 Ss 94/15

 

Langfassung

  • Like 1
Link to post
Share on other sites

Ja, das war zu erwarten.

Aus diesem Grund habe ich und andere - nicht mehr in diesem Forum aktive - User seit langem gepredigt, besagte Methode nicht inflationär und insb. nicht bei Bagatellverstössen zu verwenden.

Jedoch sollte der Nachweis der bewussten Irreführung nicht allzu leicht zu führen sein.

Link to post
Share on other sites

Moin Moin

 

 

Jedoch sollte der Nachweis der bewussten Irreführung nicht allzu leicht zu führen sein.

Es kommt nicht so sehr auf die Nachweisführung an.

Es ist die Signalwirkung.

Evtl. Beihelfer sollten und werden sich ihre Hilfe überlegen - ist ja nun kein Irrtum mehr sondern eine Straftat.

Das Entdeckungsrisiko hängt ja auch an dem Pferd, das vor die Apotheke kotzt.

Auch dürften anwaltliche Ratschläge in diese Richtung spärlicher werden.

Erteilt man jetzt diesen "Hilfesuchenden" aus dem Forum heraus diese Hilfe, kollidiert man mit dem Strafrecht.

Und das ist ja für den Forenbetreiber auch eher suboptimal.

 

 

Gruß

  • Like 1
Link to post
Share on other sites

Du hast Recht, soweit hatte ich noch gar nicht gedacht. Die ERSAFA - und besonders die Punktehändler - werden vorsichtiger. Es war ja schon immer eine Grauzone und nur eine Frage der Zeit, bis diese Lücke geschlossen wurde.

 

Und vom Forenbetreiber erwarte ich nun sicher dasselbe wie Du. Mal sehen, wer sich dazu äussert.

Link to post
Share on other sites

Habe mir jetzt nicht die Langfassung des Urteils zu Gemüte gezogen, aber denke, dass das doch höchstens für die direkt beteiligten Personen gilt. Ratschläge sind wohl nicht strafbar. Andererseits muss jetzt eben auch auf dieses OLG Urteil verwiesen werden.

Und ja - die inflationäre Nutzung dieses Ausweges selbst bei Bagatellen musste eben früher oder später zu einem solchen Urteil führen.....

Link to post
Share on other sites

 

Und zum Zweiten ist es das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15: Da war gegen den Angeklagten 1 ein Bußgeldverfahren wegen Über­schrei­tung der zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit anhängig. mes­sen. Der Angeklagte 1 verabredete mit sei­nem Arbeits­kol­le­gen, dem Ange­klag­ten 2, dass die­ser sei­nen Namen und seine Adresse in den dem Ange­klag­ten 1 zuge­sand­ten Anhö­rungs­bo­gen ein­tragen sollte und an die Buß­geld­stelle zurück­schickt. Gegen den Buß­geld­be­scheid, der dann gegen diesen Angeklagten erging, legte die­ser Ein­spruch ein. Beim AG teilte der Ver­tei­di­ger dann mit, dass bei einem Licht­bild­ab­gleich nun/nachträglich fest­ge­stellt wor­den sei, dass der Angeklagte 2 nicht gefah­ren sei. Das Ver­fah­ren gegen den Angeklagten wurde ein­ge­stellt. Gegen den Angeklagten 1 war auch nichts mehr zu machen, da Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung ein­ge­tre­ten war. Es erfolgt Anklage gegen 1 und 2 mit dem Ergebnis der Verurteilung.

 

 

es liest sich so, als ob 1 und 2 hier im Forum unterwegs gewesen wäre.... vielleicht melden die sich ja noch mal und bedanken sich für die Hilfe.

 

 

 

 

.... mmh.... welche Tipps gab ich eigentlich regelmäßig..... war das irgendwie: zahlen und gut ist; man sollte für den Bockmist (Verkehrsordnungswidrigkeit) einstehen, wenn man zu schnell war, dann war man zu schnell. Tja, hatte ich wohl Recht... für 1 und 2 heißt das jetzt: Straftat plus erheblich mehr Kosten.

Link to post
Share on other sites

 

Und zum Zweiten ist es das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15: Da war gegen den Angeklagten 1 ein Bußgeldverfahren wegen Über­schrei­tung der zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit anhängig. mes­sen. Der Angeklagte 1 verabredete mit sei­nem Arbeits­kol­le­gen, dem Ange­klag­ten 2, dass die­ser sei­nen Namen und seine Adresse in den dem Ange­klag­ten 1 zuge­sand­ten Anhö­rungs­bo­gen ein­tragen sollte und an die Buß­geld­stelle zurück­schickt. Gegen den Buß­geld­be­scheid, der dann gegen diesen Angeklagten erging, legte die­ser Ein­spruch ein. Beim AG teilte der Ver­tei­di­ger dann mit, dass bei einem Licht­bild­ab­gleich nun/nachträglich fest­ge­stellt wor­den sei, dass der Angeklagte 2 nicht gefah­ren sei. Das Ver­fah­ren gegen den Angeklagten wurde ein­ge­stellt. Gegen den Angeklagten 1 war auch nichts mehr zu machen, da Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung ein­ge­tre­ten war. Es erfolgt Anklage gegen 1 und 2 mit dem Ergebnis der Verurteilung.

 

es liest sich so, als ob 1 und 2 hier iorum unterwegs gewesen wäre.... vielleicht melden die sich ja noch mal und bedanken sich für die Hilfe.

 

Es liest sich eher so, als ob der Fehler in dem von mir hervor gehobenem gemacht wurde....... Wer weiss, haette sich 2 selbst eingetragen und den AHB zurueck geschickt......

 

 

.... mmh.... welche Tipps gab ich eigentlich regelmäßig..... war das irgendwie: zahlen und gut ist; man sollte für den Bockmist (Verkehrsordnungswidrigkeit) einstehen, wenn man zu schnell war, dann war man zu schnell. Tja, hatte ich wohl Recht... [.....]

 

Was fuer eine unnoetige - und ueberhebliche! - Selbstbeweihraeucherung! Aber immerhin, sie ist eines Senfautomaten wuerdig......

Link to post
Share on other sites

Ist eben nicht ganz elegant von den Herren durchgezogen worden. Im Idealfall, wie es hier auch regelmäßig empfohlen wird, sollte der Name des tatsächlich schuldigen ja auch erst ganz zum Schluss fallen.

Maßgeblich für die Eröffnung des Verfahrens war wohl auch, dass das Amtsgericht tätig wurde.

 

 

 

Am 14. Dezember 2012 erging gegen ihn wegen der Verkehrsordnungswidrigkeit ein Bußgeldbescheid über eine Geldbuße von 100 Euro nebst drei Punkten im Verkehrszentralregister. Gegen den Bescheid ließ der Angeklagte Kr XXX durch seinen Verteidiger rechtzeitig Einspruch einlegen. Dem Verteidiger wurde Ende Januar 2013 Akteneinsicht gewährt. Am 17. Juni 2013 ging die Bußgeldsache beim zuständigen Amtsgericht Nürtingen ein.

 

Geben die meisten städtischen Abzockbehörden nicht Ruhe wenn sie verloren haben?

 

 

Ich halte es auch grundsätzlich schon mal für übertrieben wenn sich der Rechtsapparat monatelang mit dem kommunalen Abzockblitzer, der nachts um halb 12 irgendwo zuschlägt, befassen muss.

Link to post
Share on other sites

 

Geben die meisten städtischen Abzockbehörden nicht Ruhe wenn sie verloren haben?

 

 

naja... hier haben sie nicht verloren, sondern der Trick (Cheat) um aus sich der Verfolgung eines Fehlverhaltens zu entziehen ist rechtlich nun als Straftat eingestuft-

Link to post
Share on other sites

Ich glaube, eine entscheidende Stelle im Urteil ist:

 

 

Der Angeklagte 1 verabredete mit sei­nem Arbeits­kol­le­gen, dem Ange­klag­ten 2

Angeklagter 2 muss doch von sich aus feststellen, dass er gefahren ist und Angeklagten 1 darauf aufmerksam machen, das Angeklagter 2 sich eintragen muss.

 

Eine Verabredung über den Irrtum kann natürlich nie ein Irrtum sein. Und ein Irrtum ist kein Vorsatz.

Link to post
Share on other sites

@HarryB: Sicher hast Du bemerkt, dass dieses Urteil falsch ist. In der Begründung zumindest. Jedoch möchte ich hier nicht näher darauf eingehen - aus gutem Grund.

 

Sollte jemand das (dennoch) vorhandene Schlupfloch erkennen, bitte nicht öffentlich posten.

 

Danke!

Link to post
Share on other sites

Also unjuristisch: wenn A fährt und B sich einträgt, um das Verfahren auf sich zu lenken und dann festzustellen er habe sich geirrt und gegen A eine Verjährung zu erreichen, ist eine Verfolgung Unschuldiger eingeleitet worden.

 

Die Foristen hier hatten das ja schon erkannt und gesagt, es müsse sich immer der der Schuld auf sich nimmt eintragen (B). Ansonsten begeht A eine Straftat.

 

Nun hat ein Jurist sich näher damit auseinander gesetzt (vielleicht sogar hier mitgelesen, schließlich leitet Googel schnell in dieses Forum) und sich gefragt, was so ein Jurastudium mit sich gebracht hat. Vielleicht war das sogar einer d besten Studenten.

 

Und ZACK zieht er die Behilfe zur mittelbaren Täterschaft. Und fasst die Cheater (A und B) bei den Eiern.

Link to post
Share on other sites

Jeder muss sich nun fragen, ob er beim Versuch aus einer Owi herauszukommen das Risiko eines Strafverfahrens aufnehmen möchte.

besonders jener, der dem Verkehrs-Owi-Täter helfen will.

 

Wer Blitzen und Owi-Verfahren als Spiel betrachtet, muss anerkennen, dass dem 'Gegner' ein guter Schachzug geglückt ist und der Verlauf jetzt etwas spannender ist.

Link to post
Share on other sites

Wenn man sich nicht so oberdösig anstellt, wie die beiden in diesem besagten Verfahren, dürfte dieses "Katz und Maus"-Spiel unproblematisch sein. Denn wo der Casus Knacksus liegt, wird hier ja mehr als deutlich (daher auch oberdösig!).

Link to post
Share on other sites

@Blaulicht, Du denkst zwar in die richtige Richtung (Respekt!), aber eben vom Richter meiner Meinung nach falsch begründet. Also eher keiner der Jahrgangsbesten.

Diesen Fehler wird der Betroffene aber letztendlich nicht nutzen können.

Es wird spannend(er), ja.

Link to post
Share on other sites

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=19790

 

Das Urteil

 

 

Sehr schön zu lesen, wie der Plan gegen die Bußgeldstelle aufgeht und in der Folge, der Trick, dass B den Zettel selber ausfüllt, als Schmierenkomödie nicht langt, um das System zu täuschen. Der Trick: Bloß nicht selber ausfüllen, dein Kumpel muss ausfüllen, ist nur ein Trick gewesen und funktioniert eben nicht wirklich... wie der strffreie Joint...

Link to post
Share on other sites

War ja abzusehen, dass dieses Urteil von Seiten der Foren-Cops gefeiert wird, das muss man natürlich sportlich sehen. Mal gewinnt man, mal... :D

Aber von persönlichen Ansichten und Strafbarkeitswünschen abgesehen kann man aus juristisch-methodischer Sicht m.M.n. durchaus Zweifel an diesem Urteil haben. Ich versuche mal zu erläutern, was mich stört und hoffe, dass das einigermaßen verständlich ist. Wer juristisch vorgebildet ist, mag mir bitte das weite Ausholen und die belehrenden/dozierenden Formulierungen vergeben bzw. diese überlesen...

 

 

 

Im Strafrecht gibt es verschiedene Arten der Tatbegehung und -beteiligung, so unterscheidet man zwischen (unmittelbarer) Täterschaft und mittelbarer Täterschaft sowie zwischen verschiedenen Formen der Teilnahme (Anstiftung, Beihilfe).

 

Unmittelbar ist natürlich Täter, wer selbst eine Tat ausführt.

Bei mittelbarer Täterschaft führt der Täter nicht eigenhändig die Tat aus, sondern bedient sich dazu einer anderen Person. Schulbeispiel aus juristischen Lehrbüchern dafür ist der Dieb, der ein 3-jähriges Kleinkind (das aufgrund seines Alters schuldunfähig ist) auffordert, für ihn unter einem Zaun durchzuklettern und einen Gegenstand aus einem fremden Garten zu "holen". Der Täter begeht die Tat hier nicht eigenhändig, sondern „durch“ das Kind. Trotzdem wird er als Täter bestraft (vgl. § 25 I 2. Alternative StGB)

 

Dagegen bestimmt der Teilnehmer an einer Straftat entweder einen anderen dazu, eine (eigene) Straftat auszuführen (Anstiftung, § 26 StGB) oder leistet dem anderen bei dessen Tat Hilfe (Beihilfe, § 27 StGB).

 

Diese Begriffe kennt sicher fast jeder, ich hoffe, meine Ausführungen dazu klingen nicht wie eine altkluge Belehrung....

Das eigentliche Problem ist aber, Täterschaft und Beihilfe voneinander abzugrenzen. Nimmt man den Beispielsfall von oben und lässt das Kind 15 Jahre alt sein, ist die Abgrenzung schon nicht mehr so einfach. Man könnte dann sagen, dass (nun schuldfähige) Kind begeht selbst einen Diebstahl und der andere fungiert hier nur als Anstifter. Andererseits gibt es auch Konstellationen, in denen man diese Wertung so nicht stehen lassen könnte, etwa wenn das 15-Jährige Kind vom anderen etwa mit vorgehaltener Waffe bedroht wird und deswegen in den Garten klettert und etwas wegnimmt. Dann würde man beim Bedrohenden wohl eher wieder von mittelbarer Täterschaft und nicht von Anstiftung sprechen.

 

Früher hat die Rechtsprechung diese Abgrenzung vor allem nach der „subjektiven Theorie“ vorgenommen und gefragt, wer die Tat „als eigene“ will; dieser sollte dann Täter sein. Wer dagegen nur eine fremde Tat unterstützen wolle, sei Teilnehmer und nicht Täter. Man merkt schon, was das Problem dabei ist: das Gericht kann quasi beliebig darüber entscheiden, wer Täter und wer Teilnehmer ist, denn diese „Theorie“ liefert kaum eindeutige Ergebnisse.

 

Heute wird tendenziell eher mit Hilfe der „Tatherrschaftslehre“ abgegrenzt, die danach fragt, wer den Geschehensablauf der Tat „in den Händen hält“, also quasi den Ablauf der Tat steuert. Auch das ist noch etwas formelhaft, aber wenn man sich konkrete Fallgruppen anschaut, wird es etwas deutlicher.

 

Zum einen gibt es Fälle, in denen jemand durch sein überlegenes Wissen einen anderen steuert, Bsp.: Ich gebe jemandem eine (scharfe) Waffe in die Hand, rede ihm aber ein, diese sei nur mit Platzpatronen geladen und fordere ihn auf, jemand anderen damit zu „erschrecken“. Wenn der andere nun tatsächlich auf jemanden schießt und davon ausgeht, er könnte wegen der ungefährlichen Platzpatronen keinen Schaden anrichten, habe ich eine Körperverletzung/einen Totschlag in mittelbarer Täterschaft begangen. (Das für den Schützen selbst dann noch eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit in Betracht kommt, soll hier mal nicht interessieren).

Dies passt auch auf den Fall mit dem schuldunfähigen Kleinkind, dass aufgrund seines Alters noch garnicht versteht, dass es unrecht begeht; auch in diesem Fall hat der mittelbare Täter überlegenes Wissen.

 

Die andere wichtige Fallgruppe wird unter dem Stichwort „Willensherrschaft“ diskutiert; hierhin gehört das Beispiel, bei dem der mittelbare Täter einen anderen bedroht und so bewirkt, dass dieser die Tathandlung ausführt. Der mittelbare Täter hat also Tatherrschaft, indem er den Willen des unmittelbar Handelnden "beherrscht".

 

Zuletzt gibt es noch Fälle, in denen jemand „Organisationsherrschaft“ inne hat; diese Kategorie hat vor allem bei den Mauerschützenfällen eine Rolle gespielt. Die vor Gericht stehenden DDR-Grenzsoldaten hatten auf Flüchtende geschossen und so tatbestandlich eigentlich selbst Totschlag begangen; hier verurteilte man trotzdem die im Machtapparat dahinter stehenden Personen als mittelbare Täter (und nicht Anstifter) und begründete das damit, die Schützen nur als (auswechselbare) Teile eines hierarchischen Machtapparats handelten.

 

Soweit zu den wichtigen Fallgruppen der Tatherrschaftslehre. Wenn man sich jetzt den vorliegenden ErSaFa-Fall anschauet, stellt man fest: eigentlich hat der tatsächliche Fahrer, der hier als mittelbarer Täter verurteilt werden soll, weder Wissens- noch Willensherrschaft über den ErSaFa noch liegt eine hierarchische strukturierte Organisation vor, in welcher der ErSaFa nur ein auswechselbares Teil darstellt.

Stattdessen entscheidet sich der ErSaFa völlig freiwillig und bewusst dazu, sich im Anhörungsbogen als Fahrer einzutragen.

 

In dem Urteil wird zur Tatherrschaft einfach folgendes pauschal gesagt:

Obwohl Kr XXX die Schriftstücke alleine ausfüllte und an die Bußgeldbehörde übersandte, hielt der Angeklagte Ka XXX die Herrschaft über den Geschehensablauf gleichwohl weiter auch selbst in der Hand, weil er sich zu jedem Zeitpunkt an die Bußgeldbehörde wenden und den wahren Sachverhalt offenbaren konnte. Da die Tat allein seinem Interesse diente, den Rechtsfolgen der von ihm begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit zu entgehen, beherrschte er auch das Handeln des Angeklagten Kr XXX. Denn die Annahme, dass Kr XXX ihm bei einer Aufgabe des Tatvorhabens Widerstand entgegengesetzt hätte, liegt mangels irgendeines eigenen Interesses von Kr XXX an der Tatbegehung fern.

Allein die Tatsache, dass jemand die Ausführung einer Tat verhindern könnte, kann aber eigentlich noch keine Tatherrschaft begründen. Dadurch würde die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und z.B. Anstiftung völlig konturlos.

Folgendes Beispiel dazu: Ich sage zu einem Kumpel im Supermarkt "Du könntest doch die Schachtel Zigaretten dort mir zuliebe mitgehen lassen". Falls er das dann tut und man unterstellt, er hätte den Diebstahl nicht zu Ende ausgeführt, wenn ich ihn vor der Kasse aufgefordert hätte, die Zigaretten doch lieber aus seiner Tasche zu nehmen und zu bezahlen, so wäre ich nach den in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen wegen Diebstahl in mittelbarer Täterschaft strafbar. Man sieht, das kann nicht richtig sein, weil so die Grenze zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung völlig konturlos wird.

 

Geht man dementsprechend davon aus, eine mittelbare Täterschaft setzt Tatherrschaft voraus, die über die bloße „Nichtverhinderung“ der Tatausführung hinausgeht, so ist in der ErSaFa-Konstellation der wirkliche Fahrer nicht mittelbarer Täter. Die Tatherrschaft hat vielmehr der ErSaFa selbst, der sich auf dem Anhörungsbogen einträgt und den Ablauf der Tat „in den Händen hält“.

Ergo: Keine Strafbarkeit des tatsächlichen Fahrers nach § 164 II StGB als mittelbarer Täter.

 

Jetzt kann man natürlich noch überlegen, ob sich der ErSaFa irgendwie strafbar gemacht hat. Als (unmittelbarer Täter) nach § 164 II StGB kommt er nicht in Frage, weil die Norm nach ihrem Wortlaut voraussetzt, dass man eine Behauptung über „einen anderen“ aufstellt.

Das Gericht hat den ErSaFa deswegen ja auch nicht als Täter, sondern wegen Beihilfe verurteilt. Beihilfe setzt aber die „vorsätzliche rechtswidrig begangene Tat“ eines anderen voraus (vgl. § 27 I StGB). Wenn man aber den tatsächlichen Fahrer nicht wegen mittelbarer Täterschaft bestrafen kann, weil er keine Tatherrschaft hatte, dann fehlt es gerade an einer solchen Haupttat eines andern, sodass Beihilfe durch den ErSaFA nicht mehr möglich ist.

 

 

Wer sich diesen Roman jetzt tatsächlich durchgelesen hat, dem danke ich für sein Interesse. Vllt interessiert es ja irgendwen und man kann hier im Radarforum mal wieder niveauvoll (und möglichst nicht ins persönliche abgleitend) über Fragen diskutieren, die uns alle interessieren.

 

 

Und von den formalen juristischen Überlegungen abgesehen: Was @Kasperle und @Bluey andeuten, ist natürlich richtig und in der Praxis wohl noch wichtiger! Das ganze Konstrukt des Gerichts bricht auch dann schon zusammen, wenn nicht nachweisbar ist, dass Fahrer und ErSaFa entsprechende Absprachen getroffen haben bzw. sich bewusst waren, was sie tun.

 

  • Like 1
Link to post
Share on other sites

Aber von persönlichen Ansichten und Strafbarkeitswünschen abgesehen kann man aus juristisch-methodischer Sicht m.M.n. durchaus Zweifel an diesem Urteil haben.

Völlig richtig; vielen Dank für Deine ausführliche Begründung. Wichtiger ist IMO noch, dass das Urteil aus teleologischer Betrachtung unseres Strafrechts heraus schlicht Mumpitz ist und - falls attackiert - wohl auch keinen Bestand haben wird.

 

Was @Kasperle und @Bluey andeuten, ist natürlich richtig und in der Praxis wohl noch wichtiger! Das ganze Konstrukt des Gerichts bricht auch dann schon zusammen, wenn nicht nachweisbar ist, dass Fahrer und ErSaFa entsprechende Absprachen getroffen haben bzw. sich dessen bewusst waren, was sie tun.

So ist es.

Link to post
Share on other sites

 

Völlig richtig; vielen Dank für Deine ausführliche Begründung. Wichtiger ist IMO noch, dass das Urteil aus teleologischer Betrachtung unseres Strafrechts heraus schlicht Mumpitz ist und - falls attackiert - wohl auch keinen Bestand haben wird.

 

Das sehe ich zwar auch so, mit teleologischen Argumenten ist es aber immer so eine Sache... Für manch einen ist der Zweck des Strafrechts oder auch einzelner Normen, jeden Furz unter Strafe zu stellen (wie auch dieses Urteil zeigt). Manchmal "argumentiert" auch die Rechtsprechung mehr oder weniger damit, es müsse in einem bestimmten Sinne entschieden werden, um Strafbarkeitslücken zu schließen. Das mögen du und ich rechtsstaatlich bedenklich finden, ist aber leider so.

Oder anders ausgedrückt: Teleologische Betrachtung kann je nach Betracher unterschiedlich ausfallen ;)

 

Ansonsten wird das Urteil wohl (voraussichtlich) dennoch Bestand haben, denn der Instanzenzug im Strafrecht lautet (sofern man am Amtsgericht startet wie i.v.F.): AG - LG - OLG

Hier haben wir ein OLG-Urteil, daher... :(

Link to post
Share on other sites

Ansonsten wird das Urteil wohl (voraussichtlich) dennoch Bestand haben, denn der Instanzenzug im Strafrecht lautet (sofern man am Amtsgericht startet wie i.v.F.): AG - LG - OLG

Hier haben wir ein OLG-Urteil, daher... :(

 

 

Wenn ich das richtig sehe ist dieses Urteil für AG und LG bindent. Wenn ein OLG andere Meinung ist geht es vor das Bundesgericht? Richtig???

Link to post
Share on other sites

Hallo rth,

Wenn ich das richtig sehe ist dieses Urteil für AG und LG bindent.

 

 

Das kommt darauf an, was du unter bindend verstehst ;) Bindend in dem Sinne, dass AGs und LGs im Bezirk des OLG Stuttgart nun genauso entscheiden müssen ist es nicht. In Deutschland gibt es kein case law wie in den angelsächsischen Rechtsordnungen, wonach die unteren Instanzgerichte durch entsprechend den Entscheidungen höherer Gerichte festgelegt sind. Theoretisch kann das AG Pusemuckel eine andere Rechtsauffassung als der BGH vertreten und darf auch ein entsprechendes Urteil fällen.

Wenn du bindend aber so meinst, dass die AGs und LGs im OLG Bezirk Stuttgart nun dieser Rechtsauffassung wahrscheinlich folgen werden, weil sie damit rechnen müssen, dass das OLG ihre abweichenden Entscheidungen aufhebt, dann hast du recht.

 

 

Wenn ein OLG andere Meinung ist geht es vor das Bundesgericht?

 

Ob es überhaupt vor den BGH geht, hängt vom Instanzenzug ab. Wenn erstinstanzlich das AG zuständig ist, bleibt es beim oben beschriebenen, also AG – LG – OLG. Es könnte also theoretisch passieren, dass ein anderes OLG in einem ErSaFa-Fall abweichend urteilt und, da der Rechtsweg damit bereits vollständig bestritten ist, dieses Urteil dann endgültig ist.

 

Vor den BGH geht es nur, wenn erstinstanzlich das LG oder OLG zuständig ist. Dann lautet der Instanzenzug nämlich (von seltenen Ausnahmen abgesehen) LG – BGH bzw. OLG – BGH.

Das LG ist aber nur in erster Instanz zuständig, wenn es um ein Verbrechen (=eine Tat mit Mindeststrafe von einem Jahr Haft oder mehr) geht, eine Unterbringung in einem psychatrischen Krankenhaus/Sicherungsverwahrung möglich oder wenn eine Strafe von 4 Jahren oder mehr zu erwarten ist. Bei falscher Verdächtigung ist als Mindeststrafe jedoch nur eine Geldstrafe vorgesehen; die Höchststrafe beträgt 5 Jahre. In aller Regel wird bei ErSaFa-Fällen daher das AG erstinstanzlich zuständig sein, es sei denn, man geht aus irgendwelche Gründe davon aus, dass nahezu die mögliche Höchststrafe zu erwarten ist.

 

Zusammengefasst: Es kann gut sein, dass sich der BGH auf absehbare Zeit nicht mit ErSaFa befassen wird, weil entsprechende Fälle nur bis zu einem OLG kommen.

Dadurch könnte Rechtsunsicherheit entstehen, falls ein anderes OLG ErSaFa anders berurteilt.

 

Das alles gilt aber nur im Strafprozess!

 

PS: Ich will nicht ausschließen, dass ich bei den Instanzen hier etwas übersehen habe. Jemand der sich besser auskennt möge mich wenn nötig bitte korrigieren :)

 

 

Hallo Blaulicht,

 

eigentlich hatte ich gehofft, hierdurch

War ja abzusehen, dass dieses Urteil von Seiten der Foren-Cops gefeiert wird, das muss man natürlich sportlich sehen. Mal gewinnt man, mal... :D

deutlich zu machen, dass ich das ganze prinzipiell sportlich sehe.

Das Urteil (sachlich) zu kritisieren erlaube ich mir aber trotzdem, egal wie das auf dich wirken mag :D

Was den „Furz“ angeht, so mag das eine überspitze Formulierung sein; ich wollte zum Ausdruck bringen, dass manche eben der Meinung sind, jedes irgendwie störende Verhalten müsste eine Straftat sein.

 

Das Strafrecht soll nach einer Formulierung von Georg Jellinek nur das „ethische Minimum“ sicherstellen, was sicher ganz vernünftig ist. Dazu gehört wie ich finde nicht, dass es strafbar ist, Ordnungswidrigkeiten mit einem Trick verjähren zu lassen.

Wenn man aber doch meint, unsere Gesellschaft könnte ohne ein solches strafrechtliches Verbot nun überhaupt nicht auskommen, könnte man z.B. einen § 145e „Vortäuschen einer Ordnungswidrigkeit“ einführen. Dadurch hätte man wenigstens Rechtssicherheit und müsste keine zweifelhafte Konstruktion mit mittelbarer Täterschaft erfinden.

Dafür ist aber nicht die Rechtsprechung, sondern der demokratisch legitimierte Gesetzgeber zuständig...

  • Like 1
Link to post
Share on other sites

Moin Moin

 

 

 

Was den „Furz“ angeht, so mag das eine überspitze Formulierung sein; ich wollte zum Ausdruck bringen, dass manche eben der Meinung sind, jedes irgendwie störende Verhalten müsste eine Straftat sein.

 

Das Strafrecht soll nach einer Formulierung von Georg Jellinek nur das „ethische Minimum“ sicherstellen, was sicher ganz vernünftig ist. Dazu gehört wie ich finde nicht, dass es strafbar ist, Ordnungswidrigkeiten mit einem Trick verjähren zu lassen.

Wenn man aber doch meint, unsere Gesellschaft könnte ohne ein solches strafrechtliches Verbot nun überhaupt nicht auskommen, könnte man z.B. einen § 145e „Vortäuschen einer Ordnungswidrigkeit“ einführen. Dadurch hätte man wenigstens Rechtssicherheit und müsste keine zweifelhafte Konstruktion mit mittelbarer Täterschaft erfinden.

Dafür ist aber nicht die Rechtsprechung, sondern der demokratisch legitimierte Gesetzgeber zuständig...

Wenn du schon den Jellinek erwähnst, sollte man wissen, daß er bereits 1911 verstorben ist.

Damals hatten wir noch einen Kaiser - einen echten Kaiser.

Eine Zeit also in der Deutschland noch ohne Radar- oder Lasermessungen oder Raser war, Weltkriege hatten wir auch noch keine und ganz weit entfernt von einer freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Möglicherweise hätte ich damals meine Frau erschlagen dürfen, wäre sie fremdgegangen.

 

Um Sachverhalte aufzuklären ist unser Rechtssystem auf wahrheitsgemäße Aussagen angewiesen.

Nicht grundlos ist der Meineid ein Verbrechen

Falsche und unwahre Aussagen führen zu Fehlurteilen - ob das im Sinne Jellineks wäre? oder ist das das ethische Minimum? oder gilt das nur für bestimmte Personen?

 

Es muß nicht jedes "störende Verhalten" eine Straftat sein (nette Umschreibung dafür, daß man das Rechtssystem verarscht).

Aber in diesem Fall bietet sich die Straftat einfach an.

Es gibt andere, längere Verjährungsfristen. Sowas kommt nämlich u.U. erst sehr sehr viel später ans Tageslicht. Möglicherweise dann, wenn sich die lügenden Beteiligten verkracht haben.

Und solche Lügen müssen natürlich deutlich höher bestraft werden als 300 Euro Bußgeld.

 

Bis wir einen § 145e StGB haben, sollte dieses richtungsweisende Urteil helfen.

 

Gruß

Link to post
Share on other sites

Hallo Sobbel,

 

Wenn du schon den Jellinek erwähnst, sollte man wissen, daß er bereits 1911 verstorben ist.

das stimmt.

Es ändert aber doch nichts daran, dass man irgendwie abgrenzen muss, welches Verhalten unbedingt mit den Mitteln des Strafrechts sanktioniert muss und dafür eignet sich diese Formel nach wie vor gut.

Wir sind uns sicher einig, dass z.B. Ehebruch oder noch schärfer, Lügen allgemein kaum rechtfertigen kann, jemanden strafrechtlich zu belangen.

Auch die ganzen Verkehrs-OWi-Tatbestände hat man aus dem Strafrecht ausgegliedert, weil sie eben nicht so "schlimm" sind, dass sie das Verdikt "Straftat" verdienen.

 

Selbstverständlich ist es trotzdem wertungsoffen, was man nun als strafwürdiges Unrecht sieht und man kann dementsprechend verschiedener Meinungen haben.

 

Was den ErSaFa angeht, so meine ich, dass du da etwas dramatisierst:

Um Sachverhalte aufzuklären ist unser Rechtssystem auf wahrheitsgemäße Aussagen angewiesen.

Nicht grundlos ist der Meineid ein Verbrechen

Falsche und unwahre Aussagen führen zu Fehlurteilen - ob das im Sinne Jellineks wäre? oder ist das das ethische Minimum? oder gilt das nur für bestimmte Personen?

Zunächst mal ist das Funktionieren unseres Rechtssystems keineswegs darauf angewiesen, dass niemand sich mehr fälschlicherweise auf einem Anhörungsbogen einträgt. Q-Treiberin (die es wohl wissen muss) schrieb hier im Forum häufiger, wenn der SB seinen Job richtig mache und einen EMA-Bildabgleich bei plötzlichen Selbstbeschuldigungen vornähme, hätte kein ErSaFA eine Chance. Außerdem sei die Methode den allermeisten SB bekannt...

 

Des Weiteren wird durch die ErSaFa-Methode niemand zu Unrecht verurteilt und auch kein Gericht belogen, sodass der Meineid-Vergleich m.E. etwas schief ist.

Es macht schon einen Unterschied, ob ein Unschuldiger verurteilt wird oder ein Schuldiger (der im Übrigen bloß eine Geschwindigkeits-OWi und keine Straftat begangen hat) seiner Strafe entgeht.

 

Du kannst das wie gesagt ganz anders sehen und dann sind wir uns einig, uneinig zu sein. Falls du aber einen großen Bedarf für einen § 145e StGB siehst, dann setze dich doch dafür ein, dass ein solcher eingeführt und „lügende Raser“ rechtssicher belangt werden können.

Link to post
Share on other sites

Oder anders ausgedrückt: Teleologische Betrachtung kann je nach Betrachter unterschiedlich ausfallen ;)

Das stimmt. Grundsätzlich wäre es aber nicht von Übel, wenn der eine oder andere mal begriffe, dass Gesetze den Bürger vor dem Staat schützen sollen.

 

Ansonsten wird das Urteil wohl (voraussichtlich) dennoch Bestand haben, denn der Instanzenzug im Strafrecht lautet (sofern man am Amtsgericht startet wie i.v.F.): AG - LG - OLG

Korrekt. Im Strafrecht ist das so. Es gibt aber IMO noch den Ansatz über das Argument des Vorrangs des Gesetzes (§ 164 Abs. 2 StGB plus Art. 20 GG).

 

Würdest Du mir darin zustimmen, dass das Konstrukt des OLG (nicht nur, aber auch) an diesem Satz hängt:

Damit hat der Angeklagte Ka XXX durch einen anderen eine Behauptung tatsächlicher Art über eine andere Person gemäß § 164 Abs. 2 StGB aufgestellt.

?
Link to post
Share on other sites

Nein PedroK, nicht Gesetze sollen den Bürger vor dem Staat schützen, sondern die Grundrechte sollen das. Gesetze sollen das Miteinander in der Gesellschaft (Bürgerliches Recht, Handelsrecht, etc) und natürlich auch die staatlichen Eingriffe (Verwaltungsrecht,Prozessrech) und die Verfolgung von Verfehlungen (Strafrecht, Strafnebenrecht) regeln.

Grundrechte entfalten ihre Schutzwirkung jedoch nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegenüber anderen Bürgern.

Link to post
Share on other sites
Würdest Du mir darin zustimmen, dass das Konstrukt des OLG (nicht nur, aber auch) an diesem Satz hängt:

Damit hat der Angeklagte Ka XXX durch einen anderen eine Behauptung tatsächlicher Art über eine andere Person gemäß § 164 Abs. 2 StGB aufgestellt.

?

 

 

Du willst darauf hinaus, dass hier der ErSaFa (Kr) als Tatmittler eine Behauptung über sich selbst und nicht über einen anderen aufgestellt hat und deswegen der wirkliche Fahrer (Ka) nicht wegen mittelbarer Täterschaft strafbar sein kann?

Aus Perspektive des Ka war der Kr aber schon eine andere Person, wenn man konsequent bei der Konstruktion einer mittelbaren Täterschaft bleibt.

Das Gericht hat folgendes geschrieben:

Bei wertender Betrachtung weist der vorliegende Fall Ähnlichkeit zur mittelbaren Täterschaft bei Sonderdelikten wie etwa der Untreue in § 266 Abs. 1 StGB beim Einsatz eines qualifikationslosen dolosen Werkzeugs durch den Hintermann auf, die in der Literatur (Schünemann, a.a.O., § 25, Rn. 133; Fischer, a.a.O., § 266, Rn. 185; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 25, Rn. 4; Heine/Weißer in Schönke/Schröder, StGB, § 25, Rn. 19f.; Kudlich in BeckOK StGB, § 25, Rn. 22) - ohne Einwände der Rechtsprechung - im Grundsatz einhellig anerkannt ist. Auch dort verwirklicht der unmittelbar Handelnde den objektiven Tatbestand nicht, weil ihm eine persönliche Eigenschaft fehlt, die der Straftatbestand voraussetzt.

 

Bei Sonderdelikten wie der Untreue kann der mittelbare Täter eine bestimmte Eigenschaft aufweisen, die dem handelnden Vordermann fehlt; um beim 266 StGB zu bleiben etwa die „Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten“.

Nichts desto trotz ist mittelbare Täterschaft des Hintermanns möglich, denn der Vordermann ist ja nicht selbst Täter, sodass bei ihm die Eigenschaften, welche die Täterschaft begründen, nicht vorliegen müssen.

Konkretes Beispiel: Der Vermögensverwalter weißt einen arglosen Dritten an, Geld ins Ausland zu transferieren. Dann erfüllt der Vordermann auch nicht die o.g. Voraussetzungen des § 266, trotzdem kann der Vermögensverwalter als mittelbarer Täter bestraft werden.

Voraussetzung sollte m.M.n. nach aber auch bei solchen Sonderdelikten sein, dass der mittelbare Täter die Herrschaft über das Tatgeschehen hat. Deswegen habe ich das Thema in meinem ersten Posting oben so breit ausgeführt.

 

Man kann wohl tatsächlich sagen, dass diese Fallgruppen vergleichbar sind.

Zugegeben, § 164 II ist nicht wirklich ein Sonderdelikt, sondern spricht halt nur von einem „anderen“, über den Behauptungen aufgestellt werden müssen, aber letztendlich geht es in der Sache darum, ob beim Vordermann alle Merkmale vorliegen müssen, die der Täter haben muss. Und dazu würde ich auch sagen: nein, diese müssen bei der mittelbaren Täterschaft konsequenterweise nur beim Täter, also dem Hintermann, vorliegen.

 

Casus Knacksus bleibt dann aber beim §164 II - soweit ich das sehe - die fehlende Tatherrschaft des Hintermanns.

Link to post
Share on other sites

Nein PedroK, nicht Gesetze sollen den Bürger vor dem Staat schützen, sondern die Grundrechte sollen das. Gesetze sollen das Miteinander in der Gesellschaft (Bürgerliches Recht, Handelsrecht, etc) und natürlich auch die staatlichen Eingriffe (Verwaltungsrecht,Prozessrech) und die Verfolgung von Verfehlungen (Strafrecht, Strafnebenrecht) regeln.

Grundrechte entfalten ihre Schutzwirkung jedoch nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegenüber anderen Bürgern.

 

Blaulicht,

 

selbstverständlich dienen auch „normale“ Gesetze dem Schutz des Bürgers.

Nimm beispielsweise die Polizeigesetze der Länder, die neben der polizeilichen Generalklausel Einzelermächtigungen für Standardmaßnahmen enthalten und z.B. regeln, unter welchen Voraussetzungen ein Platzverweis erteilt oder eine Person durchsucht werden darf.

Diese Regelungen haben gleichzeitig die Wirkung, dass solche Maßnahmen unterbleiben müssen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Das fett markierte zeigt doch, dass du es eigentlich verstanden hast... Auch einfache Gesetze regeln staatliche Eingriffsbefugnisse und dienen insofern dem Schutz des Bürgers.

Link to post
Share on other sites

Grundrechte entfalten ihre Schutzwirkung jedoch nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegenüber anderen Bürgern.

 

In dieser Verallgemeinerung ist das sicherlich fragwürdig;

es kann zwar sein, dass die Grundrecht auch auf das Verhältnis Bürger-Bürger ausstrahlen, dies ist aber keinesfalls die Regel sondern die Ausnahme.

Die Grundrechte sind erstmal Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat, dieser hat ihnen Geltung zu verschaffen. Daneben stehen die Leistungs/Teilnahnegrundrechte. Die Heranziehung der Grundrechte bedarf es für das Bürger-Bürger-Verhältnis ja auch ohnehin nur, wenn der Gesetzgeber nicht schon in den einfachen Gesetzen eine (ausreichende) Abwägung getroffen hat (oder wenn Generalklauseln in dieser Hinsicht aufgeladen werden sollen).

Link to post
Share on other sites

Moin Moin

 

 

 

Auch die ganzen Verkehrs-OWi-Tatbestände hat man aus dem Strafrecht ausgegliedert, weil sie eben nicht so "schlimm" sind, dass sie das Verdikt "Straftat" verdienen.

Genau.

Und darum, damit es auch "nicht so schlimm" bleibt, darf der Betroffene zusätzlich nichts qualifizierendes machen.

So darf er z.B. keinen anderen dieser nicht so schlimmen Owi beschuldigen, sonst rutscht er mit § 164 StGB ins Strafrecht und in die längere Verjährung.

Aber mindestens genauso qualifizierend ist diese ErSaFa Lügerei und ist damit zurecht zur Straftat mit längerer Verjährung geworden.

Im Moment mit der Krücke dieses Urteils.

Diese Lügerei muß ja als Straftat nicht härter bestraft werden, aber darf natürlich gerne.

Es sollte aber unbedingt das Fahrverbot aus der ursprünglichen Raserfahrt (so vorhanden) enthalten sein.

 

 

 

... wenn der SB seinen Job richtig mache ... hätte kein ErSaFA eine Chance.

Ich wußte schon immer, daß die trotteligen SB schuld an der Misere sind.

Wie billig.

 

 

 

Es macht schon einen Unterschied, ob ein Unschuldiger verurteilt wird oder ein Schuldiger (der im Übrigen bloß eine Geschwindigkeits-OWi und keine Straftat begangen hat) seiner Strafe entgeht.

Ich möchte beides nicht.

Um kein Straftäter zu werden, bräuchte der schuldige Raser ja nur zu seiner "bloßen" Owi zu stehen.

 

 

Du kannst das wie gesagt ganz anders sehen

Wie großzügig von dir, mir meine Rechte zu gönnen.

 

 

Falls du aber einen großen Bedarf für einen § 145e StGB siehst, dann setze dich doch dafür ein, dass ein solcher eingeführt und „lügende Raser“ rechtssicher belangt werden können.

Ich finde das OLG Urteil schon recht sicher.

Im Übrigen wäre eine entsprechende Änderung der §§ 145 u- 153 StGB schon ausreichend.

 

 

 

Wenn ein Kindermörder auf Freigang wieder ein Kind schändet und tötet, geht ein Aufschrei durch die ganze Republik.

Wenn ein Raser, der ein Fahrverbot "abzusitzen" hätte, durch Lug und Trug weiterfahren darf und in dieser, ja eigentlich führerscheinlosen Zeit, jemanden anfährt und verletzt oder tötet ist es ja "bloß" eine Owi?

 

Gruß

  • Like 1
Link to post
Share on other sites

ErSaFa

 

 

so jetzt mal ehrlich: Wenn A geblitzt und B das auf sich nimmt, damit A rauskommt (Verjährung) und B dann sagt "ups, geirrt".

 

ehrlich: wer will den jetzt sagen, dass das nicht A's- Ding ist???

A will da raus.

B kommt ja nicht an und macht einfach so

 

A beschuldigt einen anderen die Tat begangen zu haben (falsche Verdächtigung)

und weil das strafbar ist, ist man so schlau und sagt (gucke hier im Forum in tausende Beiträge und Tipps):

"Lieber A, du darfst den B nicht eintragen. B muss sich selber eintragen"

 

Niemals kam B auf die Idee hier zu fragen!

A ist der Täter! A versucht sich raus zu mogeln. B hilft dem A. Und B trägt sich ein, weil es sonst strafbar ist.

 

Das Gericht hat jetzt richtigerweise festgestellt, dass A diese Tat mittelbar durch B ausführt (und mal ehrlich, genau das tut er, genau das wurde hier von euch (Behilfe) geraten!)

Und nun wird A als mittelbarer Täter eben strafrechtlich verfolgt. Und B leistet ihm dazu Behilfe.

 

Und wenn man jetzt versucht die Aussagen künftig zu tunen - so dass B von ganz alleine darauf gekommen sei - dann ändert es nichts an der Situation, sondern nur an den Aussagen, um es schwieriger zu machen A und B die Tat zu beweisen.

Link to post
Share on other sites
Und wenn man jetzt versucht die Aussagen künftig zu tunen - so dass B von ganz alleine darauf gekommen sei - dann ändert es nichts an der Situation, sondern nur an den Aussagen, um es schwieriger zu machen A und B die Tat zu beweisen.

 

Nur genau das - das Beweisen der Tat - entscheidet halt über Verurteilung oder Freispruch.

Link to post
Share on other sites

Du willst darauf hinaus, dass hier der ErSaFa (Kr) als Tatmittler eine Behauptung über sich selbst und nicht über einen anderen aufgestellt hat und deswegen der wirkliche Fahrer (Ka) nicht wegen mittelbarer Täterschaft strafbar sein kann?

Hi CS12,

 

ja, aber nicht nur darauf. Zum einen erfordert der vom OLG angeführte § 25 StGB die Begehung einer Straftat. Daher mein Hinweis auf den Vorrang des Gesetzes.

 

Interessanter aber sind diese beiden OLG-Urteile zum § 164 StGB:

 

OLG Celle (leider nur der Tenor)

 

OLG D'dorf

 

Daraus:

 

Nach dieser Bestimmung ist strafbar, wer u. a. bei einer Behörde wider besseres Wissen eine Behauptung tatsächlicher Art über einen anderen in der Absicht aufstellt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen, sofern die Behauptung dazu geeignet ist. Die zur Ausfüllung des subjektiven Tatbestandes erforderliche Absicht ist nur dann gegeben, wenn der Täter die Herbeiführung eines behördlichen Verfahrens oder einer behördlichen Maßnahme gegen einen anderen entweder bezweckt (dolus directus ersten Grades) oder wenn er sicher weiß (dolus directus zweiten Grades), dass ein solches behördliches Tätigwerden die notwendige Folge seiner unrichtigen Behauptung ist (vgl. BGHSt 13, 219 [222]; BGHSt 18, 204 [206]; Herdegen, in: LK, 10. Aufl. [1988], § 164 Rdnr. 31; Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, 24. Aufl. [1991], § 164 Rdnr. 32; Dreher/Tröndle, StGB, 47. Aufl. [1995], § 164 Rdnr. 16, jew. m.w.Nachw).

Da das OLG Stuttgart selbst ausführt, dass ein Beweisfoto aufgenommen wurde, und da ich davon ausgehe, dass "Ka" und "Kr" keine Zwillinge sind ... ;)

Link to post
Share on other sites

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Guest
Reply to this topic...

×   Pasted as rich text.   Paste as plain text instead

  Only 75 emoji are allowed.

×   Your link has been automatically embedded.   Display as a link instead

×   Your previous content has been restored.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Create New...