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Geschwindigkeitübertretung In Der Schweiz


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Hi,

 

ein Kollege wurde mit ca. 25 km/h drüber geblitzt, er war mit einem deutschen Mietwagen unterwegs.

 

Welche Konsequenzen drohen? Eine Vollstreckung in D droht ja nicht.

Wie lange ist die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung?

Was passiert, wenn nicht gezahlt wird und der Kollege in der Schweiz aufgrund einer allg. Verkehrskontrolle angehalten wird? Beschlagnahme des Autos?

 

Danke :)

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Hat Dein Kollege schon Post bekommen? Wie hoch ist die genaue Überschreitung netto? Fand der Verstoss statt innerorts, ausserorts (Landstrasse) oder auf der Autobahn?

 

Die Verfolgungsverjährung beträgt 3 Jahre.

Die Vollstreckungsverjährung beträgt 3 Jahre.

 

Ich erkläre das grundsätzliche Verfahren mal am Beispiel der Stadt Zürich:

 

Das Ordnungsbussenverfahren (vgl. Dt. Ordnungswidrigkeitenverfahren) kommt immer dann zur Anwendung, wenn der Verstoss in der Ordnungsbussenliste enthalten ist bzw. nicht schwerwiegend ist. Als schwerwiegend gelten z.B. das Überfahren der Sicherheitslinie (vgl. Dt. durchgezogene Linie, ein selten geahndeter €10-Verstoss) und Geschwindigkeitsüberschreitungen um mehr als 15 km/h innerorts, 20 km/h ausserorts und 25 km/h auf Autobahnen). Das Ordnungsbussenverfahren kommt nicht zur Anwendung, wenn das Vergehen nicht "von einem ermächtigten Polizeiorgan selber beobachtet“ wurde. Die Anzeige durch eine Privatperson kann also nicht im Ordnungsbussenverfahren erledigt werden.

 

Das Ordnungsbussenverfahren wird von der Stadtpolizei Zürich durchgeführt und richtet sich zunächst gegen den Halter. Der Halter hat 30 Tage lang die Gelegenheit, die Ordnungsbusse zu bezahlen (bzw. durch einen Dritten bezahlen zu lassen). Offiziell wird nach Ablauf dieser 30 Tage das ordentliche Verfahren eröffnet, in der Praxis wird nach meiner Erfahrung aber noch mindestens einmal schriftlich gemahnt und versucht den Halter telefonisch zu erreichen. Mit Bezahlung wird die Busse rechtskräftig.

 

Der Halter kann das Ordnungsbussenverfahren ablehnen. Er kann auch den Vorwurf bestreiten oder Beweise bzw. Akteneinsicht verlangen. Da eine Beweiswürdigung im Rahmen des Ordnungsbussenverfahrens nicht vorgesehen ist, wird dann zwangsläufig das ordentliche Verfahren eröffnet.

 

Das ordentliche Verfahren wird vom Stadtrichteramt Zürich, einer Verwaltungsbehörde mit Rechtsprechungsbefugnis für Bussen bis CHF 500.- durchgeführt. Der betroffene Halter erhält hier erstmals Gelegenheit, sich zum Vorwurf zu äussern, Beweise vorzulegen (Alibi!) und Akteneinsicht zu nehmen. In der Regel bekommt der Halter hier erstmals das Foto zu sehen, sofern es eines gibt.

 

Da die Polizei grundsätzlich keine Verfahrenshoheit hat, kann erst das Stadtrichteramt das Verfahren einstellen. Will man eine Einstellung erreichen, so führt am ordentlichen Verfahren kein Weg vorbei.

 

Erfolgt im ordentlichen Verfahren eine Verurteilung, dann wird es noch einmal teurer, die Strafe kann jedoch in Deutschland nicht vollstreckt werden. Die Schweizer Behörden werden die Geldbusse nach einer Weile in Ersatzhaft umwandeln, die aber ebensowenig in Deutschland vollstreckt werden kann. Wird Dein Kollege dann in der Schweiz aufgegriffen, muss er die Haft antreten, kann aber jederzeit, auch während der Haft, die Geldbusse bezahlen und die (weitere) Vollstreckung der Haft somit abwenden.

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Hi NetGhost,

 

danke für die schnelle Antwort, war auf der Gotthard-Autobahn, netto wird die Überschreitung um die 20 km/h sein, wie hoch sind denn die Toleranzen?

Post kam noch keine, ist erst heute passiert ;-) Wie lange lassen die sich eigentlich Zeit bis sie sich melde? Gilt bei den Schweizern die Fahrer- oder Halterhaftung?

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Hi NetGhost,

 

danke für die schnelle Antwort, war auf der Gotthard-Autobahn, netto wird die Überschreitung um die 20 km/h sein, wie hoch sind denn die Toleranzen?

Post kam noch keine, ist erst heute passiert ;-) Wie lange lassen die sich eigentlich Zeit bis sie sich melde? Gilt bei den Schweizern die Fahrer- oder Halterhaftung?

 

Die Differenz zwischen Tacho und am Ende vorgeworfener Netto-Überschreitung kann ganz erheblich sein. Meine letzte Überschreitung von Tacho 120 km/h bei :) ergab netto 7 km/h zuviel, was 60 Franken kostete. Diese Abweichung ist mit Toleranzabzug nicht zu erklären. Daher wartet mal ab, ob überhaupt Post kommt. Das kann schnell gehen, aber auch eine Weile dauern.

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Danke für die ausführliche Antwort - also gilt auch in der Schweiz der Grundsatz, dass nur der Fahrer belangt werden kann und nicht ersatzweise der Halter?!

 

Ja er soll mal auf einen Schrieb warten aber mich würde jetzt nochmal der theoretische Hintergrund bei einer Kontrolle interessieren: IdR werden sie eine Kennzeichen- und Namensabfrage machen, beim Kennzeichen kann ja nichts herauskommen weil das ganze ein Mietwagen war.

Fraglich wäre dann auch, ob die Schweizer überhaupt den Namen des Fahrers bekommen - muss der Vermieter den Namen überhaupt preisgeben bzw. auf schreiben reagieren?

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Danke für die ausführliche Antwort - also gilt auch in der Schweiz der Grundsatz, dass nur der Fahrer belangt werden kann und nicht ersatzweise der Halter?!

 

Sorry für die späte Antwort, ich habe das gerade erst gesehen. Eine Halterhaftung gibt es in der Schweiz nicht, weder im fliessenden, noch im ruhenden Verkehr. Bis heute gilt, was das Bundesgericht bereits 1976 feststellte (102 IV 256):

 

Die Vorinstanz hat ihn ausschliesslich in seiner Eigenschaft als Halter des von der Radaranlage erfassten Fahrzeuges zur Rechenschaft gezogen und gebüsst. Hiefür fehlt indessen eine gesetzliche Grundlage. [...] Das SVG enthält aber keine Norm, die den Halter für die von einem andern Lenker begangene Verletzung einer der im 3. Titel aufgestellten allgemeinen Verkehrsregeln (Art. 26-57) generell mitverantwortlich erklärte.

 

Es muss also stets der verantwortliche Fahrer ermittelt werden.

 

Fraglich wäre dann auch, ob die Schweizer überhaupt den Namen des Fahrers bekommen - muss der Vermieter den Namen überhaupt preisgeben bzw. auf schreiben reagieren?

 

Ich gehe davon aus, dass der Vermieter den Schweizer Behörden den Mieter benennnen wird. Sind Mieter und Fahrer denn identisch? Gibt es weitere Mitfahrer, die auch in Frage kommen? Sind diese Mitfahrer u.U. in irgendeiner Form mit dem Fahrer verwandt, verschwägert, verlobt?

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Meines Wissens sind Fahrer und Mieter identisch, Mitfahrer war nur die Ehefrau.

 

Machen hier auch solche Methoden wie ErSaFa & Co. Sinn wenn man nicht 2-3 Jahre warten kann/will um wieder in/durch die Schweiz zu fahren? Der Sohnemann sieht recht ähnlich aus, wurde sogar schon mal gefragt ob sie Brüder seien :)

 

ErSaFa ist in der Schweiz nicht wirklich praktikabel, dafür ist die Verjährungsfrist von 3 Jahren zu lang. Wären Mieter und Fahrer nicht identisch, also z.B. wenn der Sohn gefahren wäre, könnte man versuchen, über eine Aussage/Zeugnisverweigerung wegen verwandschaftlicher Beziehungen die Einstellung des Verfahrens zu erreichen.

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  • 3 weeks later...

Soo, Post kam angeblich noch keine.

 

Angenommen man verfährt trotzdem nach ErSaFa und gibt halt einen Dritten an, dann wird die Buße, ggf. Umwandlung in Haft usw. nur diese Dritten betreffen. Sollte dieser Dritte die nächsten drei Jahre nicht in die Schweiz wollen wäre das doch der einfachste Weg - neben dem bezahlen ;) oder?

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  • 3 weeks later...

Hallo,

 

Brief ist nun da :think:

 

Werden 16 km/h übertritt vorgeworfen, umgewandelte Strafe von Franken in 140 Euro.

Steht drin, dass ein Bild vorhanden ist und man nun als Halter bzw. Fahrer in Betracht kommen kann. Wenn man bezahlt ist alles gut, wenn nicht drohen weitere Konsequenzen.

 

Wie könnte man nun am Besten vorgehen? Wenn man die nächste 3 Jahre nicht zu den Eidgenossen möchte, sollte sich diese Person als Fahrer ausgeben?

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Werden 16 km/h übertritt vorgeworfen, umgewandelte Strafe von Franken in 140 Euro.

 

Na siehst Du, nichts wird so heiss gegessen, wie es gekocht wird. 140 Euro sind recht günstig. Für +16 km/h auf Autobahnen sind normalerweise 180 Franken fällig, was beim derzeitigen Wechselkurs rund 160 Euro entspricht.

 

Steht drin, dass ein Bild vorhanden ist und man nun als Halter bzw. Fahrer in Betracht kommen kann. Wenn man bezahlt ist alles gut, wenn nicht drohen weitere Konsequenzen.

 

Der genaue Wortlaut des Passus mit dem in Betracht kommen interessiert mich. Der Rest ist Standard: Dem vereinfachten Verfahren folgt zwangsläufig das ordentliche Verfahren.

 

Wie könnte man nun am Besten vorgehen? Wenn man die nächste 3 Jahre nicht zu den Eidgenossen möchte, sollte sich diese Person als Fahrer ausgeben?

 

Ja, das kann man versuchen. Die Person muss sich allerdings selbst der Tat bezichtigen. In der Schweiz gibt es den Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege, welcher durchaus in dieser Konstellation greifen könnte (habe den StGB-Kommentar nicht hier). Liegt aber ein Geständnis des (Ersatz-) Fahrers vor, dann glaube ich kaum, dass man noch Fotos überprüfen wird. Das sollte also funktionieren.

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Die Buße wurde mit 180 CHF angegeben und in 140,55 Euro umgewandelt.

freies Zitat:

 

"Nach Auskunft des KBA sind sie der Halter des KFZ oder wurden als Lenker angegeben. Es wurde folgene Owi festgestellt....."

 

"Erfolgt die Zahlung innerhalb von 30 Tagen nach Empfang der Anzeige, wird die Übertretung ohne weitere Kosten im einfachen Owi-Verfahren rechtskräftig erledigt. Wenn weder Buße bezahlt noch Personalien des Fahrers angegeben werden, wird das ordentlichen VErfahren mit Polizei-Rapport an die zuständige StA eingeleitet. Einsprachen gegen diese Anzeige können nur in schriftlicher Form entgegengenommen werden. Die Übertretung ist mit Beweisbildern dokumentiert.

 

Mfg

Polizei Basel-Landschaft" :nolimit:

 

 

 

Das Schreiben ging an den Autovermieter und dieser hat den Brief mit Zahlschein einfach an den Mieter weitergeschickt.

 

Das mit der möglichen Straftat hört sich jetzt nicht so prickelnd an, der Fahrer möchte allerdings auch nicht, dass die Sache an den Vermieter zurückfällt oder mit haufenweise Altpapier belastet wird, da hier eine Geschäftsbeziehung vorliegt, die nicht leiden soll :think:

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Das mit der möglichen Straftat hört sich jetzt nicht so prickelnd an, der Fahrer möchte allerdings auch nicht, dass die Sache an den Vermieter zurückfällt oder mit haufenweise Altpapier belastet wird, da hier eine Geschäftsbeziehung vorliegt, die nicht leiden soll :think:

 

Die mögliche Straftat halte ich auch für eher theoretischer Natur. Ich glaube kaum, dass die Staatsanwaltschft bzw. das Stadthalteramt sich noch die Mühe machen, per Amtshilfe das vorliegende Foto mit dem Antlitz des Delinquenten zu vergleichen, wenn dieser bereits schriftlich "gestanden" hat. Das kann er auch unverdächtig tun, indem er schreibt, er sei "zwar gefahren, aber auf keinen Fall 16 km/h zu schnell, sondern bestenfalls 10 km/h" oder so ähnlich.

Selbst wenn nun heraus käme, dass er nicht der tatsächliche Fahrer war, so kann er sich immer noch geirrt haben (Irreführung der Rechtspflege erfordert Vorsatz).

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er schreibt, er sei "zwar gefahren, aber auf keinen Fall 16 km/h zu schnell, sondern bestenfalls 10 km/h" oder so ähnlich.

 

Gut in D würde man mit dem Satz gleich den Vorsatzaufschlag bekommen :nolimit:

 

Selbst wenn nun heraus käme, dass er nicht der tatsächliche Fahrer war, so kann er sich immer noch geirrt haben (Irreführung der Rechtspflege erfordert Vorsatz).

 

Ok, das wird dann zwar schwierig bzw. unglaubhaft mit der Irreführung in der von mir vorgeschlagenen Situation aber nunja :think:

 

Jetzt nochmal kurze Erläuterung möglicher Schritte:

 

1. Vermeintlicher Fahrer meldet sich schriftlich/per Fax bei der Behörde und gibt die Tat zu z.B. passiert auf der Urlaubsfahrt.

2. Nun wird er angeschrieben mit dem gleichen Verwarngeld?

3. Er wird es nicht zahlen

4. (Mehrere) Aufforderungsschreiben

5 Umwandlung in Haft

 

Ab wann läuft dann die 3 Jahresfrist? In einem anderen Thread las ich etwas von Vorladung zur dt. Polizei - klar das man da nicht kommen muss aber die suchen ja einem sicherlich auch mal auf oder?

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Ok, das wird dann zwar schwierig bzw. unglaubhaft mit der Irreführung in der von mir vorgeschlagenen Situation aber nunja :think:

 

Jetzt nochmal kurze Erläuterung möglicher Schritte:

 

1. Vermeintlicher Fahrer meldet sich schriftlich/per Fax bei der Behörde und gibt die Tat zu z.B. passiert auf der Urlaubsfahrt.

2. Nun wird er angeschrieben mit dem gleichen Verwarngeld?

3. Er wird es nicht zahlen

4. (Mehrere) Aufforderungsschreiben

5 Umwandlung in Haft

 

Ab wann läuft dann die 3 Jahresfrist? In einem anderen Thread las ich etwas von Vorladung zur dt. Polizei - klar das man da nicht kommen muss aber die suchen ja einem sicherlich auch mal auf oder?

 

Die möglichen Schritte sehen so aus:

 

1. Vermeintlicher Fahrer meldet sich schriftlich (per Post) bei der Behörde, er sei der Fahrer gewesen, bestreitet aber die Tat.

2. Da er die Tat bestreitet, wird zwangsläufig das ordentliche Verfahren eröffnet.

3. Er bekommt dann eine Vorladung und/oder die Möglichkeit, sich schriftlich zum Vorwurf zu äussern. Das kann er ignorieren oder sich nochmals in gleicher Form äussern.

4. Es wird ein Säumnisentscheid ergehen, wo er zur Busse plus Verfahrenskosten und Gebühren verurteilt wird.

5. Ab Rechtskraft dieses Entscheids beginnt die Verjährungsfrist (3 Jahre).

6. Nach zahlreichen Mahnungen wird die Busse dann in Ersatzhaft umgewandelt. Der Fahrer wird gegen seinen Willen jedoch nicht an die Schweiz ausgeliefert. Die Ersatzhaft kann jederzeit (auch während der Haft) durch Zahlung abgewendet werden.

 

Da die Schweizer ein schriftliches Geständnis haben, was für eine Verurteilung völlig ausreicht, gehe ich nicht davon aus, dass man nochmals die internationale Amtshilfe mit einem Fotoabgleich bemüht.

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