Jump to content

Raffinierte Striche


Recommended Posts

Immer mehr Kandidaten mogeln sich mit einem neuen Trick durch die Führerscheinprüfung. Das System zu ändern würde Milliarden kosten.

 

Vieles ist ihm als Ausländer in Deutschland schwer gefallen. Doch mit dieser Prüfung hatte der 18jährige Kroate erstaunlich wenig Probleme. Während die anderen Kandidaten noch über Vorfahrtsregeln brüteten, Bremswege ausrechneten und Verkehrsschilder deuteten, steckte Alexander S. bereits die Bestätigung des TÜV in seine Tasche: kein Fehlerpunkt - theoretische Führerscheinprüfung bestanden. Ein schöner Erfolg für den jungen Mann aus Bremen, könnte man denken, schließlich fällt fast jeder dritte Bewerber beim ersten Versuch durch.

 

Von wegen. Alexander S. hatte sich einer neuen Mogelmasche bedient, die vor allem Ausländern zum Führerschein verhilft, auch wenn sie nicht einmal die Fragen verstehen: In seiner Hand hatte er eine kleine Schablone versteckt, gerade so groß wie eine Briefmarke. Mit dem raffinierten Spickzettel ist es kein Problem, die richtigen Antworten anzukreuzen.

 

Das im EU-Vergleich besonders ausländerfreundliche deutsche Testsystem provoziert die Trickserei. In der Bundesrepublik können Fahranfänger die schriftliche Prüfung nämlich nicht allein in Deutsch, sondern auch in elf Fremdsprachen ablegen. Aber nur von den deutschen Fragebögen existieren 32 verschiedene Versionen - wer da schummeln will, benötigte schon ein schwer zu verbergendes Sortiment von Spickzetteln.

 

In Griechisch oder Polnisch aber gibt es beispielsweise nur acht Varianten der Prüfungsbögen. Auf jede der Schummel-Schablonen passt die Lösung für vier Testbögen - so können auf nur zwei Spickzetteln alle denkbaren Antworten einer Prüfung in einer dieser Sprachen versteckt werden.

 

Und in den vergangenen Monaten haben es offenbar sehr viele Prüflinge Alexander S. gleichgetan. Denn obwohl die Miniaturhilfe im Massenbetrieb mit über einer Million theoretischer Führerscheinprüfungen jährlich schwer zu entdecken ist, werden solche Schablonen derzeit in fast allen Großstädten sichergestellt. Übeltäter sind nach Einschätzung der Behörden fast ausschließlich Ausländer, die die Schwächen des Systems ausnutzen.

 

Fachleuten ist längst klar, dass immer mehr kleine Schummel-Schumis über Deutschlands Straßen rasen, ohne allzu viel Ahnung von den Verkehrsregeln. Tauchten früher nur gelegentlich grobe selbst gemalte Spickzettel oder präparierte Filzstifte auf, sind die Schablonen massenhaft verbreitet.

 

Das Prinzip ist einfach: Für jede Frage auf dem Testbogen findet sich auf der Schablone ein vertikaler Strich. Winzige horizontale Striche zeigen, welche Antwort angekreuzt werden muss. Weil die Zettel sehr klein sind, lassen sie sich problemlos in Stift oder Schuh verbergen.

 

Zudem werden sie präzise gefertigt und kopiert - professionell: Schon im vergangenen Sommer war bei einem Bund-Länder-Treffen von "mafiosen Strukturen" die Rede. Im November warnte ein TÜV-Vertreter in dem Gremium eindringlich vor der "stetigen Zunahme von Manipulationsversuchen".

 

Mitunter treibt das System seltsame Blüten: In Hannover beispielsweise fielen Kroaten auf, die ebenso flott wie korrekt portugiesische Bögen ausfüllten - obwohl sie kein Wort der Sprache verstanden. Sie hatten die entsprechenden Schablonen dabei.

 

Selbst wenn Prüfer ahnen, dass sie beschummelt werden, passiert selten etwas: "Wir dürfen niemandem in die Hose langen, um Hilfsmittel sicherzustellen", sagt Gerhard Müller, zuständig für Prüfungen beim TÜV Süd. Auch wenn jemand eindeutig erwischt werde, falle er zwar durch, sagt der Bremer TÜV-Prüfleiter Kurt Schäfer. Doch schon nach zwei Wochen könne er einen neuen Versuch starten.

 

Schäfer hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Doch die winkte ab: Mogeln ist keine Ordnungswidrigkeit und mithin nicht illegal. "Strafbar wäre höchstens, wenn sich jemand auf illegale Weise einen Führerschein beschafft hat", sagt auch der Hamburger Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger.

 

Mehrmals haben Ermittler versucht, an Hintermänner heranzukommen, die die Spickzettel für 500 bis 600 Euro verkaufen. In Kiel und Hannover wurden zwei Verdächtige festgenommen - und am nächsten Tag wieder freigelassen, weil auch der Verkauf nicht strafbar ist.

 

Deshalb haben Vertreter der Länder schon im vergangenen Sommer vereinbart, "möglichst kurzfristig" die fremdsprachlichen Prüfungen nur mehr am PC abzuwickeln. Das bereits entwickelte Programm kennt nicht nur die rund 600 amtlichen Fragen in allen Fremdsprachen, sondern mischt die Reihenfolge in der Prüfung per Zufallsgenerator.

 

Die meisten Fahrlehrerverbände sträuben sich allerdings noch gegen das System, fürchten sie doch, Tausende Fahrschulen müssten dann mit Computern ausgestattet werden - und auch der TÜV ist nicht begeistert: "Die Umsetzung dürfte mindestens zwei Milliarden Euro kosten", sagt Müller.

 

Außerdem könnten Prüfungen dann künftig womöglich nur in größeren Städten stattfinden, weil sich dort allein die Computereinführung lohne. Und die Gebühren für alle Prüflinge müssten drastisch steigen. "Wenn schon Prüfungen am Bildschirm", sagt Müller, "dann auch mit kleinen Videoclips." Doch bis Computerprogramme auf dem Markt sind, die in Prüfungen Mini-Filme von Verkehrssituationen abspielen können, dürfte es Jahre dauern.

 

Derartige Bedenken konnten den Hamburger Innensenator Ronald Schill überhaupt nicht bremsen: Ab April müssen ausländische Führerscheinbewerber, die in einer Fremdsprache geprüft werden wollen, in der Hansestadt den Test am Computer ablegen. Der Alleingang diskriminiert zwar ausschließlich die Ausländer als potenzielle Betrüger - kostet die Behörde in dem Stadtstaat aber nur vergleichsweise läppische 20 000 Euro.

 

Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,238156,00.html

MICHAEL FRÖHLINGSDORF

Link to post
Share on other sites

da stellt sich dann aber doch die frage, warum man lieber 500 € ausgibt und sich nicht mal ein paar stunden hinsetzt und auch die nicht ganz so logischen sachen vollends reinpaukt...

 

 

desweiteren versteh ich nicht warum denn die fahrschulen dann ggf auch pc's bräuchten. wenn die gleichen fragen wie auf den übungsbögen verwendet werden, braucht man doch nur an den prüfungsstellen pc's.

 

ich habe meine prüfung damals auch direkt beim tüv gemacht, warum soll das dann nicht gehen?

 

außerdem reicht es doch auch, wenn die großstädte damit ausgerüstet werden... muss ja nicht in jedem kaff so ne prüfung abgelegt werden können.

Link to post
Share on other sites

Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wieso jemand, der einen deutschen Führerschein machen will, nicht ausreichend deutsch zu können braucht, um auch auf deutsche Fragen zu antworten. Schließlich begegnen ihm im hießigen Straßenverkehr jede Menge Beschriftungen, die er sonst auch nicht lesen kann, was eine echte Gefahr darstellt. Wie will so jemand jemals den Anweisungen eines Polizeibeamten Folge leisten? Mal ganz von der Mogelei abgesehen. Es ist so schon schwer genug, solche Leute in den Alltag zu integrieren. Deswegen finde ich es nur richtig, dass es solche Mätzchen in den anderen EU-Ländern erst gar nicht gibt. Aber bei uns war das klar, hätte ich nicht anders erwartet.

 

Wieso können statt der milliardenteuren PC-Umstellung nicht einfach alle deutschen Bögen in die entsprechenden Sprachen übersetzt werden, wenn es diese fremdsprachigen Bögen schon geben muss? Das kostet mit Sicherheit keine 2 Milliarden ...

Link to post
Share on other sites

PS: Aber das bringt mich auf eine Idee, vielleicht ziehe ich bei der nächsten Polizeikontrolle ja auch einfach mal die "nix verstehen" Masche durch, könnte ja sein, ich habe meinen Führerschein auf Suaheli gemacht, wie kann der Beamte da nur von mir verlangen, dass ich auf deutsch mit ihm kommuniziere. *gg*

Link to post
Share on other sites

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Guest
Reply to this topic...

×   Pasted as rich text.   Paste as plain text instead

  Only 75 emoji are allowed.

×   Your link has been automatically embedded.   Display as a link instead

×   Your previous content has been restored.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Create New...