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Urteile: Geschwindigkeitsverstöße


Guest Mr_Biggun

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Guest Mr_Biggun

Ist vielleicht nicht bahnbrechend neu, aber:

 

Ein Transporter der 'Sprinterklasse' mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t ist nicht automatisch als Personenkraftwagen anzusehen, wenn er formal als solcher zugelassen ist. Das OLG Karlsruhe stellt in einem kürzlich veröffentlichten Urteil fest, daß es nicht auf die formale Zulassung des Fahrzeugs ankommt, sondern vielmehr auf dessen konkrete Bauart und Einrichtung. Ist das Fahrzeug aufgrund dieser Wertung als LKW anzusehen, so gilt auf Autobahnen auch für Sprinter eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h.

 

Mit der Frage, ob die in § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO für Lastkraftwagen auf Autobahnen geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h auch für solche Mehrzweckfahrzeuge - z.B. der Baureihe „Sprinter“ - mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen gilt, die in den Zulassungspapieren als „Pkw“ bezeichnet sind, hatte sich jetzt der 2. Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu befassen.

 

In dem zu entschiedenen Fall hatte ein 33-jähriger Betroffener mit seinem Fahrzeug der Marke Mercedes Benz Sprinter mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 Tonnen die BAB A 5 im Bereich der Gemarkung Freiburg mit einer Geschwindigkeit von 134 km/h befahren, wobei er in eine Radarkontrolle geriet. Die zuständige Bußgeldbehörde verhängte daraufhin gegen ihn eine Geldbuße von 275 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot, weil er die für Lastkraftwagen außerhalb geschlossener Ortschaften allgemein geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h um 54 km/h überschritten habe.

 

Von diesem Vorwurf sprach ihn das Amtsgericht Freiburg im März 2003 frei, weil es der Auffassung war, das Fahrzeug des Betroffenen sei entsprechend seiner Zulassung „Pkw geschlossen“ als Personenkraftwagen einzuordnen, so dass hierfür keine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung gelte. Auf die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Freiburg hat der 2. Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe jetzt die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das Amtsgericht Freiburg zurückverwiesen.

 

Der Senat hat dabei zunächst klargestellt, dass es für die Einordnung eines Fahrzeuges als Personenkraftwagen bzw. Lastkraftwagen im Sinne der StVO nicht auf die im Rahmen des Zulassungsverfahren nach der StVZO ausgestellten Fahrzeugpapiere, der Betriebserlaubnis, dem Fahrzeugbrief und dem Fahrzeugschein ankomme, sondern hierfür allein auf die konkrete Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs abzustellen sei. Daher sei es z.B. unerheblich, dass das Fahrzeug des Betroffenen als „Pkw geschlossen“ zugelassen wurde. Leitgedanke der StVO sei nämlich die Verhinderung von Verkehrsunfällen. Für die Beherrschung eines Fahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr seien aber neben den persönlichen Fähigkeiten des Fahrzeugführers vor allem die Eigenschaften des Fahrzeuges und dessen Ladung relevant, weshalb auch unter Berücksichtigung von EG-Recht hierauf und nicht auf Bestimmungen des Zulassungsverfahrens abzustellen sei.

Die StVO enthalte - so der Senat - trotz mehrfacher Verwendung der Begriffe „Lastkraftwagen“ und „Personenkraftwagen“ jedoch keine einheitliche Definition dieser Fahrzeugarten, vielmehr seien diese auf mehrere Bestimmungen verstreut. Danach seien Lastkraftwagen zunächst Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmt sind (§ 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG), wohingegen Personenkraftwagen Fahrzeuge seien, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG). Auch könnte es sich dann um Personenkraftwagen handeln, wenn diese zwar ein zulässiges Gewicht von nicht mehr als 2,8 Tonnen hätten, jedoch nach ihrer Bauart und Einrichtung wahlweise geeignet und bestimmt seien, wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen und wenn sie außer dem Führersitz Plätze für nicht mehr als acht Personen hätten (§ 23 Abs. 6 a StVZO: sog. Kombinationsfahrzeuge).

 

Zur Frage der genauen Beschaffenheit des Fahrzeugs enthalte das angegriffene Urteil aber keine Feststellungen, weshalb der Senat die vom Amtsgericht vorgenommene Einstufung als Pkw nicht abschließend überprüfen konnte. Solche konkreten Darstellungen seien aber notwendig, da z.B. die Baureihe „Sprinter“ des Herstellers Mercedes-Benz eine umfangreiche Palette von Fahrzeugen verschiedenster Bauart umfasse, u.a. auch von nicht mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht (dann keine Geschwindigkeitsbeschränkung, egal ob zulassungsrechtliche Einstufung als Pkw oder Lkw), zum reinen Personentransport unabhängig vom zulässigen Gesamtgewicht von bis zu neun Personen (keine Geschwindigkeitsbeschränkung, da Pkw) oder aber über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtwicht mit Bestuhlungen von mehr als neun Sitzen oder zum Gütertransport (Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h, da Lkw bzw. Omnibus).

 

Bei dieser Sachlage hat der Senat das Urteil aufgehoben und dieses zur neuen Verhandlung an das Amtsgericht Freiburg zurückverwiesen, damit dort - was dem Senat selbst im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht möglich ist - ergänzende Feststellungen zur genauen Bauart des „Sprinters“ getroffen werden können.

 

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 25.08.2004 -2 Ss 80/04 -

 

Hinweis:

 

Über die Frage der Geschwindigkeitsbeschränkung für sog. Kombinationsfahrzeuge der Marke Sprinter hatte bereits das Bayerische Oberste Landesgericht in einer Entscheidung vom 23.07.2003 entscheiden (Az.: 1 ObOWi 219/03 = DAR 2003, 469 ff.) und das dortige Fahrzeug als Lastkraftwagen (Folge: Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h) eingeordnet, weil dieses lediglich zum Gütertransport bestimmt gewesen sei und ein zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen gehabt habe.

 

Quelle

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  • 9 months later...

Nicht jeder besorgte Vater darf rasen

 

Die Sorge um ein krankes Kind allein ist noch kein Grund, ein Tempolimit zu missachten. Nur wenn die sofortige Hilfe "zwingend erforderlich" ist, darf ein Autofahrer ausnahmsweise schneller fahren als erlaubt. Im vorliegenden Fall war ein Vater mit 61 km/h geblitzt worden. Vor Gericht argumentierte der Mann, er sei kurz zuvor vom Sturz seines behinderten Kindes unterrichtet worden. Aus Sorge um das Kind habe er die Tempolimit-Schilder übersehen. Das Oberlandesgericht verwies den Fall an das Amtsgericht zurück.

(Oberlandesgericht Karlsruhe, Az: 1 Ss 81/05)

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Beweisfoto muß eindeutig sein

 

Fährt man mit zu hohem Tempo in eine Radarkontrolle und bestreitet seine Schuld, muß die Identität nachgewiesen werden. Ist das wegen eines schlechten Fotos nicht eindeutig möglich, droht keine Strafe.

(Oberlandesgericht Jena, Az: 1 Ss 13/04)

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Letztens kam die Frage auf, ob Polizeibeamte die Geschwindigkeit auch schätzen dürfen. Ich habe jetzt ein paar Urteile zu diesem Thema:

 

Hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen können durch erfahrene Polizisten geschätzt werden.

BGH VRS 38, 104; OLG Hamm VRS 40, 442; OLG Düsseldorf VRS 30, 444 AG Dortmund NZV 1992, 378; OLG Hamm NZV 1992, 379

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  • 1 month later...

Noch eins zum Thema Geschwindigkeit schätzen durch Polizisten:

 

Polizisten haben keine geeichten Augen

 

Polizeibeamte dürfen Geschwindigkeiten schätzen. Allerdings nur dann, wenn festgestellt werden soll, dass man schneller als Schritt-Tempo gefahren ist.

(BayObLG, Az: 2 ObOWi 500/00)

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  • 3 months later...
Hat ein ortsfremder Autofahrer aufgrund der örtlichen Bebauung den Eindruck, daß er sich noch außerorts befindet und übersieht auf einer gut ausgebauten 4 - spurigen Straße das Ortseingangsschild, liegt ohne Anhaltspunkte für grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit ein Augenblicksversagen vor, dass ein Absehen vom Regelfahrverbot (ein Monat) rechtfertigt.

 

OLG Dresden, DAR 06/30

 

Konkreter Fall: 81 innerorts, vor dem Ortseingang galten ;)

 

Gruß

Pizza

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Rettungsversuch kann hohes Tempo rechtfertigen

 

Die Richter erklärten, daß eine ein Fahrverbot rechtfertigende grobe Pflichtverletzung ausnahmsweise dann nicht vorliege, wenn ein Vater zu seinem verunglückten Kind eile und dabei Verkehrsregeln überschreite. Denn dieser handele nicht aus grobem Leichtsinn oder grober Nachlässigkeit, sondern aus Sorge um sein Kind. Allerdings rechtfertige nicht jeder Hilferuf eine solche Beurteilung. Vielmehr sei dies nur dann der Fall, wenn eine sofortige Hilfe durch den Vater zwingend erforderlich ist oder dieser vom Vorliegen einer solchen Gefahrensituation ausgehen darf (Az.: 1 Ss 81/05).

mid

Quelle Hamburger Abendblatt
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  • 1 month later...

Das OLG Karlsruhe hat kürzlich ein verhängtes Fahrverbot mit Beschluss vom 30.11.2005, Az. 1 Ss 120/05, wieder aufgehoben:

 

Auf dreispurig ausgebauter Landstraße mit Mittelleitplanke braucht ein auswärtiger Verkehrsteilnehmer nicht mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h zu rechnen.

 

Die Anordnung eines Fahrverbotes wegen grober und beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers scheidet aus, wenn der Verkehrsverstoß lediglich auf eine augenblickliche Unaufmerksamkeit zurückzuführen ist, die jeden sorgfältigen und pflichtbewussten Verkehrsteilnehmer einmal unterlaufen kann. In derartigen Fällen des so genannten "Augenblickversagens" fehlt es an einer ausreichenden individuellen Vorwerfbarkeit. So ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h auf einer dreispurig ausgebauten Landstraße mit Mittelleitplanke ungewöhnlich. Mit einer solchen braucht ein auswärtiger Verkehrsteilnehmer nicht ohne weiteres zu rechnen.

 

StVG § 24, StVG § 25 Abs. 1, BKatVo § 4 Abs.2 S. 2, StPO § 267 Abs.1 S. 3

 

Quelle: Jurion Rechtsdatenbank

 

Na also, es geht doch ! Vermutlich gab es das :nolimit: Limit dort nur um bequemer abkassieren zu können.

 

Gruß, Radfahrer

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  • 2 months later...

Schilder sind nur für den Fahrer wichtig

 

Am Tag nach einer Party ließ sich eine Frau zu dem Auto fahren, das ihr Freund abends wegen Alkohols stehengelassen hatte. Kurz nach dem Start wurde sie mit 52 km/h von der Polizei geblitzt – in einer Tempo-30-Zone. Dafür sollte sie 50 Euro Bußgeld zahlen. Sie weigerte sich, denn sie war am Vortag als Beifahrerin in die 30-Zone gefahren, hatte nicht auf Schilder geachtet. Das muß sie als Beifahrerin auch nicht, urteilte das Gericht und erließ die Strafe.

(Oberlandesgericht Hamm, Az: 3 Ss OWi 602/05)

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  • 3 weeks later...

Nach Rasen zu Fahrtenbuch verurteilt

 

Ein Autofahrer war mit 138 Stundenkilometern auf dem Tacho in eine Radarfalle gerast. Erlaubt war auf der Landstraße aber nur Tempo 70. Da man auf den Radarfotos nicht ermitteln konnte, das er wirklich der Fahrer war, kamm er um eine Geldstrafe und Punkte in Flensburg zwar herum. Nicht aber um die Auflage, ein Jahr lang alle Fahrten in ein Fahrtenbuch eintragen zu müssen. Und das, obwohl er vorher nie Auffälligkeiten gezeigt hatte.

(Oberverwaltungsgericht Münster, Az: 8 A 280/05)

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  • 3 weeks later...

Urteile für Flo eingefügt:

 

Tempolimit auf der Autobahn kann überprüft werden

Die Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde über eine Geschwindigkeitsbeschränkung kann gerichtlich voll überprüft werden.

 

Die Behörden können nicht frei entscheiden, ob ein Tempolimit von 100 oder 120 km/h oder gar eine zeitlich befristete Geschwindigkeitsbegrenzung zur Entschärfung einer Gefahrensituation angemessen ist. Behörden müssen verkehrsbeschränkende Maßnahmen genauer begründen, und für die Anordnungen streckenbezogene konkrete Gründe angeben, die diese als zwingend notwendig charakterisieren. Allgemeine Überlegungen, insbesondere politischer Art, reichen nicht aus.

 

BVerwG---3 C 9/98

Tempolimit gerichtlich voll überprüfbar

Enscheidungen der Straßenverkehrsbehörde hinsichtlich einer Geschwindigkeitsüberschreitung können gerichtlich voll überprüft werden. Die Behörde kann nicht beliebig bestimmen, ob und wie die Geschwindigkeit auf einer bestimmten Strecke zu begrenzen ist um eine Gefahrensituation zu entschärfen.

 

Geklagt hatte ein Hamburger Unternehmer, der eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn A 1 nicht hinnehmen wollte. Obwohl er wegen der Unfallhäufigkeit auf dieser Strecke mit seiner Klage im Ergebnis keinen Erfolg hatte, so haben die Bundesrichter jedoch den Verkehrsbehörden klare Grenzen gesteckt.

 

BVerwG 1999-01-21 3 C 9.98

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  • 1 month later...

AG Essen Urteil vom 25.11.2005 AZ.: 49 OWi 82 Js 1374/05 626/05

 

Urteil nach eigenen Wortlaut, da ich keine Onlinequelle auf die Schnelle gefunden habe.

 

1)

Schräges zufahren auf das Geschwindigkeitsmessgerät Multanova erfordert neben den üblichen Toleranzabzug von 3 km/h bzw. 3 % einen weiteren Abzug in Abhängigkeit vom Winkel.

Im vorliegenden Fall waren dies 2 km/h bei einen Winkel von rund 1,7 % (Gierwinkel).

 

2)

Trotz 7 Voreintragungen kann von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden (letzter Verstoß 21 km/h zu schnell), wenn die Vordaten bereits geraume Zeit zurückliegen.

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  • 1 month later...

Fahrtenbuch bei Ausreden

 

Ein Wagen war der Polizei wegen zu schnellen Fahrens aufgefallen. Im Anhörungsbogen sollte der Pkw-Halter den Fahrer zum Zeitpunkt der Temposünde benennen. Doch die Angaben waren falsch, die Person exestierte nicht. Urtei: Dann darf die Straßenverkehrsbehörde den Halter ein Jahr lang zum Führen eines Fahrtenbuchs verpflichten.

(Verwaltungsgericht Neustadt, Az: 3 L 677/06)

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  • 2 weeks later...

OLG JENA vom 8.05.2006, 1 SS 60/06

 

Erforderlichkeit der Mitteilung über exakte Messmethode bei Geschwindigkeitsmessung mit ProViDa-System in den Urteilsgründen

 

In den Gründen des Urteils, das anlässlich einer Verkehrsordnungswidrigkeit wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ergangen ist, müssen Ausführungen zur Methode der Geschwindigkeitsmessung - hier Messung mit der Video-Verkehrsüberwachungsanlage ProViDa (Proof Video Data System) - sowie die Höhe des Toleranzabzugs enthalten sein. (Aus den Gründen: ...Da dieses Messsystem verschiedene Einsatzmöglichkeiten zulässt - z.B. Messung aus stehendem Fahrzeug, Nachfahren oder Vorwegfahren mit konstantem Abstand, Weg-Zeit-Messung - die unterschiedliche Voraussetzungen und Folgen haben, ist der blosse Hinweis auf den Einsatz der Videoüberwachungsanlage ProViDa 2000 nicht ausreichend. Welches Messverfahren angewendet worden ist, ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Beweiswürdigung. Die Wortwahl "annähern" spricht für eine Messung durch Vorausfahren. Die Mitteilung der Radstände würde bei einer Gesamtschau doch eher für eine Messung durch Nachfahren sprechen...).

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  • 2 weeks later...

OLG BAMBERG vom 6.07.2006, 2 SS OWI 789/06

Kein Fahrverbot wegen Geschwindigkeitsverstosses und zwei Eintragungen mit 24 und 21 km/h Überschreitung

 

Bei zwei Voreintragungen von Geschwindigkeitsüberschreitungen um 21 km/h bzw. 24 km/h sowie einem aktuellen Verstoss mit einer Überschreitung um 28 km/h ist eine Bussgeldverdopplung auf 100,-- Euro, nicht jedoch eine Fahrverbotsanordnung angemessen. (Aus den Gründen: ...Dass der Betroffene bereits zweimal, aber in Abständen von immerhin 14 bzw. 21 Monaten vor der Anlasstat durch Geschwindigkeitsüberschreitungen jeweils unterhalb der Regelfahrverbotsgrenze aufgefallen ist, rechtfertigt allein die Verhängung eines Fahrverbots nicht, denn auch derartige Konstellationen wiederholter, einschlägiger Verkehrsordnungswidrigkeiten hat der Gesetzgeber ausweislich § 4 II S.2 BKatV bei der Erstellung dieses Sanktionskataloges durchaus gesehen und die Verhängung eines Regelfahrverbots bei Geschwindigkeitsüberschreitungen im Wiederholungsfall dennoch auf gravierendere als die hier festgestellten beschränkt, nämlich auf wiederholte Geschwindigkeitsüberschreitungen um mind. 26 km/h...).

 

Fundstellen

DAR,2006 514

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OLG BAMBERG vom 2.12.2005, 3 SS OWI 1556/05

 

Keine ausreichende Messstrecke von 200 m bei Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren und Tempo 170 km/h

 

1.Bei Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren sollte die Messstrecke bei Geschwindigkeiten von 100 km/h und mehr mindestens 500 m betragen. 2.Nach der Ziff.2 VÜ-Richtlinie Anlage 2 a (Geschwindigkeitsüberwachung mit Hilfe fahrender Polizeifahrzeuge) soll die Messstrecke sogar bereits für Geschwindigkeiten über 90 km/h 500 m betragen. Ein Unterschreiten dieser Anforderungen ist insbesondere

dann nicht möglich, wenn bei der Messung auch der erforderliche Abstand - im vorliegenden Fall ist nicht ausgeschlossen, dass der Abstand bei einer Geschwindigkeit von ca. 170 km/h teilweise erheblich grösser als 200 m war - nicht eingehalten wurde. (Aus den Gründen: ...Eine wesentlich längere Messstrecke als grundsätzlich erforderlich kann zwar die Fehlerquelle durch zu grossen Abstand unter Umständen ausgleichen. Vorliegend unterschreitet jedoch die Länge der Messstrecke die Vorgabe. Zudem fehlen hinreichende Feststellungen zu den Beleuchtungs- und Sichtverhältnissen...).

 

Fundstellen

DAR,2006 517

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OLG SAARBRÜCKEN vom 19.05.2006, SS B 26/2006

 

Einräumung der gefahrenen Geschwindigkeit zur Verurteilung wegen Überschreitung der Geschwindigkeit ausreichend

 

Räumt der Betroffene ein, dass er mindestens die gemessene Geschwindigkeit gefahren ist, reicht dies für eine Verurteilung wegen einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aus. (Aus den Gründen: ...Nähere Angaben zum Vorgang der Geschwindigkeitsmessung waren nicht erforderlich. Zwar muss der Tatrichter, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen, im Urteil grundsätzlich das angewandte Messverfahren und den berücksichtigten Toleranzwert mitteilen. Dieser Darstellung bedarf es jedoch dann nicht, wenn der Betroffene uneingeschränkt und glaubhaft einräumt, die vorgeworfene Geschwindigkeit - mindestens - gefahren zu sein. Es stellt demnach keinen sachlichrechtlichen Mangel dar, wenn sich die Verurteilung entweder auf die Mitteilung des standardisierten Messverfahrens und der nach Abzug der Messtoleranz ermittelten Geschwindigkeit oder auf ein uneingeschränktes, glaubhaftes Geständnis des Betroffenen stützt...).

 

Fundstellen

VRS,110 433 Z

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  • 4 weeks later...

Ich füge endlich mal das im Forum vielzitierte Urteil in seiner Originalfassung hier ein:

 

Geschwindigkeitsüberschreitung: kein Fahrverbot bei Augenblicksversagen

 

Das Übersehen eines einzigen geschwindigkeitsbegrenzenden Verkehrszeichens nach zuvor unbeschränkter Fahrt auf der Autobahn ist zwar fahrlässig, aber als so genanntes Augenblicksversagen nicht grob verkehrswidrig. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 188 km/h statt erlaubter 120 km/h rechtfertigt in diesem Fall keine Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots. Auch eine Erhöhung der Geldbuße als Ausgleich zum nicht ausgesprochenen Fahrverbot ist hier nicht angezeigt.

 

Beschluss des AG Ahrensburg vom 08.07.2004

52 OWi 759 Js-OWi 22214/04

DAR 2004, 667

Außerdem auch zum Thema Augenblicksversagen:
Geschwindigkeitsüberschreitung: Absehen von Fahrverbot wegen Augenblicksversagen

 

Hat ein Kraftfahrer ein Ortsschild übersehen und musste sich ihm aufgrund der äußeren Umstände (z. B. beginnende Bebauung, Fahrbahnverengung) auch nicht aufdrängen, dass er sich bereits im Ortsbereich befand, kann das Gericht ein so genanntes Augenblicksverhalten annehmen und von der Verhängung eines wegen der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung an sich angezeigten Fahrverbots absehen.

 

Beschluss des OLG Dresden vom 02.06.2005 Ss (OWi) 249/05 DAR 2005, 638

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Auf das obige AG-Urteil würde ich nicht allzuviel geben, aber es gibt diverse OLG-Urteile, nach denen beim Augenblicksversagen ein Regelfahrverbot nicht zur Anwendung kommt, z.B. OLG Karlsruhe, 1 Ss 129/05; OLG Rostock, 2 Ss OWi 117/04 I 90/04; OLG Zweibrücken 1 Ss 311/97.

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Eine Tat trotz mehrmaliger Geschwindigkeitsüberschreitung

 

Ein Autofahrer wurde auf der Autobahn über eine längere Strecke von einem Polizeifahrzeug verfolgt. Zunächst wurde trotz einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h ein Tempo von 169 km/h gemessen. Danach fuhr der Autofahrer ca. 1,5 Kilometer lang vorschriftsmäßig. Danach erhöhte er seine Geschwindigkeit wieder auf 160 km/h. Das Oberlandesgericht Köln hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Geschwindigkeitsüberschreitungen als eine oder mehrere Taten zu werten sind. Im letzteren Fall hätte dies zur Folge, dass jeweils zwei Bußgelder, Fahrverbote und Eintragungen im Verkehrszentralregister verhängt werden müssten. Stehen die vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen - wie hier - in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang und werden sie auf einer Strecke mit durchgehender Geschwindigkeitsbeschränkung begangen, ist in der Regel von einer einzigen Tat auszugehen.

 

Beschluss des OLG Köln vom 17.08.2004 Ss 259/04 (B) NZV 2004, 536

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  • 2 months later...

Auch in Bayern geht es ohne Fahrverbot bei drohenden Arbeitsplatzverlust. ;)

 

leider gibt es keine offizielle Seite mit dem Beschluß

 

OLG Bamberg Beschluß vom 14.12.2005 AZ.: 3 Ss OWi 1396/05

 

Ein Autofahrer war wegen einer am 18. Juli 2003 fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt worden. Das in solchen Fällen normalerweise vorgesehene Fahrverbot wurde aber nicht verhängt. Auf Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wurde die Sache an das Amtsgericht Wunsiedel zurückverwiesen, das in seinem erneuten Urteil nach umfassender Beweiserhebung zwar die Geldbuße erhöhte, jedoch wiederum von einem Fahrverbot absah. Das aufgrund der erneuten Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zuständige OLG Bamberg bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts.

[...]Da der betroffene Autofahrer bei Verlust seines Führerscheins mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen musste, stelle dieser Umstand eine erhebliche, eine Ausnahme rechtfertigende Härte für ihn dar. In diesem speziellen Fall hatte das Amtsgericht bereits eine umfassende Beweisaufnahme erhoben, die diese Folgen bestätigte. Das OLG Bamberg führte aus, dass die Indizwirkung der Regelfahrverbote nicht ausnahmslos bestehe. Selbst dann, wenn wie hier eine beharrliche Pflichtverletzung vorliege, ziehe das nicht automatisch ein Fahrverbot nach sich. Vielmehr stehe dem Richter ein Ermessenspielraum zu, um Verstößen im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen.

Quelle

 

Allerdings wurde das Bußgeld verdreifacht. ;)

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OLG KARLSRUHE vom 7.11.2006, 2 SS 24/05

Anpassung der Geschwindigkeit an Radverkehr in einer Fahrradstrasse - Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h als noch mässig

 

In einer Fahrradstrasse ist eine Geschwindigkeit als mässig anzusehen, die derjenigen des Fahrradverkehrs angepasst ist. Schneller als 30 km/h darf nicht gefahren werden. (Aus den Gründen: ...Sog. Sonderwege dürfen grundsätzlich nur von den für sie vorgesehenen Verkehrsmitteln benutzt werden. Das Zeichen 244 in § 41 StVO bestimmt folglich mit der Fahrradstrasse einen Sonderweg, der von anderen Fahrzeugführern als Radfahrern nur befahren werden darf, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Das bedeutet, dass der Fahrradverkehr dort die Regel, der Autoverkehr die Ausnahme ist. Schon daraus folgt, dass sich der Kraftfahrzeugverkehr in den vorherrschenden Fahrradverkehr einpassen und an dessen Geschwindigkeit anpassen muss. Eine Geschwindigkeit, die den von der Fahrradgeschwindigkeit geprägten Verkehrsverhältnissen entspricht, darf nicht überschritten werden. Der Senat wertet die von der Stadt veranschlagte Höchstgeschwindigkeit von maximal 30 km/h als mässig...).

 

Fundstellen

ADAJUR-ARCHIV

VRUNDSCH,48/06 42

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  • 2 months later...

AG HANAU vom 8.06.2006, 2965 JS-OWI 5308/05-54 OWI

 

Absehen vom Regelfahrverbot bei undeutlichem Hinweis auf Tempo 30-Zone

 

Von der Verhängung eines Regelfahrverbotes kann unter Heraufsetzung der Geldbusse auf 300,-- Euro abgesehen werden, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschritten wurde, jedoch dem Fahrer kein grober Pflichtenverstoss zur Last gelegt werden kann. Dies ist der Fall, wenn vor der Geschwindigkeitsmessstelle nur ein einziges Hinweisschild auf den Beginn der Tempo 30-Zone stand, dieses nicht deutlich wahrnehmbar ist, und zudem über den Fahrer im Verkehrszentralregister keine Eintragungen zu verzeichnen sind. (Aus den Gründen: ...Von der Verhängung des Regelfahrverbotes konnte gem. § 4 IV BKatVO abgesehen werden. Es fehlt an der groben Verletzung der Pflichten eines Kfz-Führers. Zwar besteht an der Richtigkeit der Messung kein Zweifel und hat der Betroffene danach die an der Messstelle zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h, also erheblich überschritten, jedoch ist zu bedenken, dass es nur einen Hinweis auf die 30 km/h Zone gab...).

 

Fundstellen

ACE-VJ,4/06 21 (LS)

 

 

________________________________________________________________________

 

AG BRANDENBURG vom 19.01.2006, 22A OWI 444 JS-OWI 34705/05 251/05

 

Möglichkeit der Festsetzung eines Fahrverbots nach § 25 StVG für sechs Wochen

 

bei Übertretung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 72 km/h besteht die Möglichkeit gegen den Betroffenen ein Fahrverbot nach § 25 StVG auch für die Dauer von sechs Wochen auszusprechen. (s.a. die Anmerkung von Ferner = Dok.Nr. 72396).

 

Fundstellen

SVR,2006 392 (LS) M.ANM.

________________________________________________________________________

OVG Bremen Beschluss vom 29.06.2006 AZ.: 1B 167/06

 

[Mod Gast225

Ich habe das erste Urteil gelöscht, da es bereits unter folgenden Link verfügbar ist.

 

http://www.radarforum.de/forum/index.php?s...st&p=451772

 

Des weiteren habe ich den Beitrag in die FAQ Urteile Geschwindigkeit verschoben. Darum geht es ja hauptsächlich.

[/Mod]

Edited by Gast225
Löschung doppelt, verschoben
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AG LÜDINGHAUSEN vom 15.01.2007, 10 OWI 89 JS 2791/06-234/06

 

Verfahrenseinstellung trotz Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h

 

Zu den Gründen für eine Einstellung nach § 47 II OWiG nach einem Geschwindigkeitsverstoss. (Aus den Gründen: ...Massgeblich für die Einstellung waren folgende Gesichtspunkte, die eine Ahndung nicht geboten erscheinen liessen. Der Verstoss fand zur Nachtzeit auf einer zu dieser Zeit verkehrsarmen Strasse statt. Der Grund für die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h war allein die Brückenbaustelle, auf der nachts keine Arbeiten ausgeführt wurden. Ausweislich der Aussage des Messbeamten war die Baustelle zur Zeit der Tat nahezu vollständig beendet. Jedenfalls herrschte auch tagsüber nicht mehr der starke Baustellenverkehr, der Anlass der Geschwindigkeitsbeschränkung gewesen war. In Gegenrichtung, die der Betroffene auf dem Hinweg gefahren war, war die "30er"-Beschilderung mehrere Tage vor der Tat bereits entfernt worden. Einen Tag nach der Tat wurde das von dem Betroffenen übersehene Zeichen 274 demontiert. Er war verkehrsrechtlich auch nicht vorbelastet...).

 

Fundstellen

NZV,2007 158

 

_________________________________________________________

 

OLG Köln Urteil vom 09.05.2006 Az.: 9 U 64/05

 

[Mod Gast225

Ich habe das zweite Urteil gelöscht, da es bereits unter folgenden Link verfügbar ist.

 

http://www.radarforum.de/forum/index.php?s...st&p=446830

[/Mod]

Edited by Gast225
Löschung doppelt
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Wiederholt zu schnell - kein Fahrverbot

 

Ein Autofahrer war mit Temposünden von 21 und 24 km/h erwischt worden. Als er beim dritten Mal 28 km/h zu schnell war, klagte er gegen das dafür verhängte Fahrverbot. Er kam damit durch: Wiederholungstätern droht allenfalls eine Verdoppelung des Bußgelds.

(Oberlandesgericht Bamberg, Az: 2 Ss OWi 789/06)

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  • 3 months later...
Tempo-100-Plakette nur mit Siegel gültig

 

Im entschiedenen Fall war ein Bus auf der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 101 km/h gefahren. Der Bus war auch in den Fahrzeugpapieren für 100 km/h zugelassen und technisch geeignet. Entsprechend war auch an der Heckscheibe die übliche "100"-Plakette angebracht; es fehlte aber das von der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebene Siegel der Zulassungsstelle. Deshalb ging der Amtsrichter davon aus, dass der Busfahrer nicht 100 km/h, sondern nur 80 km/h fahren durfte. Der Fahrer wurde in zwei Instanzen wegen Tempoüberschreitung mit 100 Euro Geldbuße und Punkten in Flensburg belegt. Das leuchtete dem Busfahrer nicht ein. Der Bus sei grundsätzlich für die höhere Geschwindigkeit geeignet. Das OLG war anderer Ansicht: Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig und über jede abweichende Auslegung erhaben (OLG Koblenz, Az.: 2 Ss 370/06 ZfS 2007, 230).

quelle abendblatt
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  • 5 months later...

im Auftrag von dagegen

 

OLG FRANKFURT AM MAIN vom 9.11.2007, 2 SS-OWI 441/07

 

Rechtlicher Hinweis vor Verurteilung wegen Vorsatzes im Bussgeldverfahren

 

Vor der Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehensweise ist ein rechtlicher Hinweis gemäss § 265 Abs.1 StPO immer dann erforderlich, wenn der entsprechende Bussgeldbescheid für Vorsatz und Fahrlässigkeit Geldbusse androht und im Bussgeldbescheid die Angabe der Schuldform fehlt. (Aus den Gründen: ...Denn die Nichtangabe der Schuldform im Bussgeldbescheid hat zur Folge, dass i.d.R. von dem Vorwurf des fahrlässigen Handelns auszugehen ist. So liegt der Fall auch hier. Gegen den Betroffenen ist ein Bussgeldbescheid wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erlassen worden, ohne dass die Schuldform angegeben worden ist. Da dieser Verkehrsverstoss sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden kann, ist vom Vorwurf eines fahrlässigen Verhaltens auszugehen. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht...).

Fundstellen DAR,2008 33

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im Auftrage von Mace

 

OLG Jena Beschluss vom 29.10.2007 Az.: 1 Ss 130/07

 

Tenor

 

 

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

 

 

 

Gründe

 

 

I.

 

1

 

Mit Bußgeldbescheid des Thüringer Polizeiverwaltungsamtes vom 02.08.2006 wurde gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften am 06.05.2006 um 19 km/h (16:16 Uhr), um 14 km/h (16:11 Uhr) und um 13 km/h (16:13 Uhr) ein Bußgeld i.H.v. 50,00 € festgesetzt.

 

2

 

Auf den rechtzeitigen Einspruch des Betroffenen beraumte das Amtsgericht Suhl Termin zur Hauptverhandlung an, wobei es den Betroffenen darauf hinwies, dass von 3 tateinheitlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen um 19, 16 und 15 km/h auszugehen sei und auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung in Betracht komme.

 

3

 

Mit Urteil vom 13.02.2007 verurteilte das Amtsgericht Suhl den Betroffenen wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in 3 tateinheitlich begangenen Fällen von 16, 15 und 19 km/h zu einer Geldbuße von 80,00 €.

 

4

 

Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

 

5

 

„Am 06.05.2006 befuhr der Betroffene mit dem Pkw Mercedes Benz, amtl. Kennzeichen, die Bundesautobahn 71 in Richtung Schweinfurt. Hierbei passierte er auch die sog. Thüringer Tunnelkette, einschließlich der zwischenliegenden Freistücke.

 

6

 

In der Tunnelkette, einschließlich der Freistücken, ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit einheitlich auf 80 km/h festgesetzt. Diese Geschwindigkeitsbeschränkung wird innerhalb der Tunnelkette, einschließlich der Freistücken, an nachfolgenden Autobahnabschnitten (jeweils Kilometerangabe) durch entsprechende Verkehrszeichen dem jeweiligen Kraftfahrzeugführer deutlich gemacht:

 

7

 

111,9; 112,1; 112,7; 113,2; 113,6; 114,5; 114,7; 115,4; 116,0; 116,6; 117,3; 117,9; 118,5; 119,1; 119,7; 120,3; 121,0; 121,7; 122,3; 122,8; 123,1; 123,3; 123,7; 124,1; 124,5; 125,1.

 

8

 

Die Verkehrszeichen befinden sich für jede Fahrspur über bzw. neben den Fahrbahnen.

 

9

 

Darüber hinaus wird vor dem Eingang in die Tunnelkette bereits in Höhe des Tunnels Alte Burg, nachfolgend dann auch in Höhe der Anschlussstelle Oberhof durch ein entsprechendes Schild darauf hingewiesen, dass in den nachfolgenden Autobahnabschnitten Radarkontrollen stattfinden.

 

10

 

In Kenntnis dieser Gesamtumstände entschloss sich der Betroffene, entgegen der festgelegten zulässigen Höchstgeschwindigkeit, deutlich schneller zu fahren.

 

11

 

In Höhe der Messstelle km 117,2 wurde er mit oben genannten Pkw um 16:11:48 Uhr in der Spur 2 fahrend mit einer Geschwindigkeit von 97 km/h, um 16:13:41 Uhr in Höhe der Messstelle km 120,3 in der Spur 1 fahrend mit einer Geschwindigkeit von 96 km/h und nach dem Verlassen des Rennsteigtunnels und des Durchfahrens des Hochwaldtunnels dann im Freistück in Höhe der Messstelle des km 125,2 um 16:16:37 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 103 km/h festgestellt.

 

12

 

Die Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden durch die an den zuvor genannten Messstellen jeweiligen fest installierten Geschwindigkeitsüberwachungsgeräten TRAFFIPAX TraffiStar S 330 mit Sensoren fest im Straßenbelag installiert, festgestellt. Alle drei Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen waren zum Tatzeitpunkt durch das Landesamt für Mess- und Eichwesen Thüringen geeicht.

 

13

 

Unter Berücksichtigung der Eichfehlergrenzen, welche ± 1 % bei gemessenen Geschwindigkeiten bis 100 km/h und ± 3 % des richtigen Wertes bei gemessenen Geschwindigkeiten von über 100 km/h (betragen), betrug die Geschwindigkeitsüberschreitung zu den jeweiligen Tatzeitpunkten um 16:11:48 Uhr 96 km/h, um 16:13:41 Uhr 95 km/h und um 16:16:37 Uhr 99 km/h.

 

14

 

Die von dem Betroffenen tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit wurde so gewählt, dass er bei einer einmaligen Feststellung mit einer Festsetzung einer Geldbuße unter der im VZR eintragungsfähigen Grenze von 40,00 € rechnete.“

 

15

 

Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil richtet sich der Betroffene mit seinem am 20.02.2007 gestellten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, der nach Zustellung des Urteils an den Verteidiger am 15.03.2007 mit am 05.04.2007 eingegangenem Schriftsatz des Verteidigers vom 04.04.2007 begründet wurde.

 

16

 

Mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird zunächst im Rahmen einer Verfahrensrüge die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrages geltend gemacht und zugleich die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Weiterhin wird die allgemeine Sachrüge erhoben und insoweit die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts hinsichtlich einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung bei geringfügigen Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beantragt.

 

17

 

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 31.08.2007 beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

 

II.

 

18

 

Mit Beschluss vom 19.10.2007 wurde die Rechtsbeschwerde mit folgender Begründung zugelassen:

 

19

 

„Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Die Frage, ob Geschwindigkeitsüberschreitungen im unteren Bereich (20 km/h ± 5 km/h) unter bestimmten Umständen auch vorsätzlich begangen werden können (hier: im Bereich der Thüringer Tunnelkette auf der A 71), ist zum einen entscheidungserheblich und zum anderen klärungsbedürftig. Die Frage, inwieweit vorsätzliches Verhalten bei konkreten gleichbleibenden äußeren Umständen in Betracht kommt, ist auch abstraktionsfähig.“

 

III.

 

20

 

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

 

21

 

1. Die mit dem Rechtsmittel gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs durch Ablehnung eines Beweisantrages liegt nicht vor. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 12.10.2007 verwiesen.

 

22

 

2. Mit dem Vortrag zur Verfahrensrüge weist der Betroffene – ohne dies allerdings ausdrücklich darzulegen – auf ein mögliches Verfahrenshindernis hin: anhängiges Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht Arnstadt wegen derselben Tat:

 

23

 

Ein Verfahrenshindernis liegt insoweit aber nicht vor. Wie der Senat im Freibeweisverfahren festgestellt hat, wurde das beim Amtsgericht Arnstadt anhängige Verfahren 630 Js 202952/06 3 OWi wegen eines am 05.06.2006 um 16:11 Uhr auf der A 71 bei km 111,5 – 112, 0 begangenen Geschwindigkeitsverstoßes eingestellt.

 

24

 

3. Die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils tragen den Schuldspruch in objektiver und subjektiver Hinsicht. Sie weisen das angewandte Messverfahren aus, teilen den Messwert mit und lassen erkennen, welchen Toleranzwert der Tatrichter als Ausgleich für etwaige Messungenauigkeiten abgezogen hat. Die Fahreigenschaft des insoweit nicht bestreitenden Angeklagten wird rechtsfehlerfrei festgestellt.

 

25

 

Die Annahme von Vorsatz ist nicht zu beanstanden.

 

26

 

Der Betroffene hat sich zu seinem Fahrverhalten nicht eingelassen, sondern lediglich eine vorsätzliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Abrede gestellt.

 

27

 

Das Amtsgericht hat hingegen die Überzeugung gewonnen, dass der Betroffene bewusst eine Geschwindigkeit von 95 km/h bis knapp unter 100 km/h gefahren ist und hat dies aus folgenden Umständen geschlussfolgert:

 

28

 

- vielfach wiederholte Hinweise auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h

 

29

 

- mehrfacher Hinweis auf Radarkontrollen

 

30

 

- fast gleichbleibende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

 

31

 

- Fahren auf der Überholspur und Überholen bei km 117,2.

 

32

 

Im Ergebnis tragen die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Amtsgerichts die Annahme vorsätzlicher Tatbegehung, zumindest in Form eines bedingten Vorsatzes.

 

33

 

Die zu beurteilenden Verkehrsverstöße wurden im Bereich der Thüringer Tunnelkette auf der A 71 begangen, die der Betroffene in Richtung Schweinfurt passierte.

 

34

 

Wie sich aus dem Urteil in vorliegender Sache ergibt und dem Senat auch aus weiteren Verfahren bekannt ist, beginnt die Thüringer Tunnelkette in Fahrtrichtung des Betroffenen mit dem Tunnel Alte Burg bei km 112,3 (Länge des Tunnels 874 m), es folgt ein ca. 1,5 km langes Freistück, auf dem 2 Talbrücken überquert werden. Im Anschluss liegt ab km 114,9 der Tunnel Rennsteig (Länge des Tunnels 7.916 m), dem sich ein ca. 600 m langes Freistück anschließt. Sodann wird der Hochwaldtunnel mit einer Länge von 1.058 m durchfahren, der bei km 124,5 endet. Nach einem weiteren Freistück von ca. 1 km folgt der vorliegend nicht relevante Tunnel Berg Bock (Länge 2.740 m). Im gesamten Bereich der Thüringer Tunnelkette ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h begrenzt.

 

35

 

Diese besonderen Bedingungen sind bei der Beurteilung der Schuldform des Betroffenen, wie auch vom Amtsgericht gewertet, maßgeblich.

 

36

 

Vorsätzliches Handeln lässt sich vorliegend nicht aus dem Grad der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ableiten, der regelmäßig ein Indiz für die Einstufung als fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln ist (Senatsbeschlüsse vom 11.09.2007, 1 Ss 183/07 und vom 03.11.2003, 1 Ss 207/03).

 

37

 

Die relative Geschwindigkeitsüberschreitung ist vorliegend mit 18,75 bis 23,75 % nicht erheblich und ist allein keinesfalls geeignet, den Schluss auf eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung zu tragen.

 

38

 

Trotzdem ist zumindest bedingt vorsätzliches Handeln gegeben.

 

39

 

Das Amtsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass dem Betroffenen die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bewusst gewesen ist.

 

40

 

Im Bereich der Thüringer Tunnelkette wird wiederholt auf die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung hingewiesen. Dies geschah für den Betroffenen ab km 111,9 (vor Tunnel Alte Burg) bis zur ersten Messstelle durch 10, bis zur zweiten Messstelle bei km 120,3 durch weitere 6 und bis zur dritten Messstelle bei km 125,2 durch weitere 10 Anordnungen durch jeweils mindestens zwei Vorschriftszeichen, mit denen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h angezeigt wurde. Auch wenn es keine genauen, durch wissenschaftliche Erhebung gesicherten Erkenntnisse geben mag, kann davon ausgegangen werden, dass ordnungsgemäß aufgestellte Vorschriftszeichen von Verkehrsteilnehmern in aller Regel wahrgenommen werden (vgl. BGHSt 43, 241, 250). Bei einer solchen Vielzahl von Hinweisen auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist der Schluss darauf, dass der Betroffene die Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bewusst wahrgenommen hat, keinesfalls zu beanstanden. Es kommt hinzu, dass – was jedem Kraftfahrer bekannt ist – in Tunneln regelmäßig Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten und solche sich hier auch auf den kurzen Freistücken aufdrängten. Der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts in DAR 1996, 298 lag ersichtlich kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.

 

41

 

Die Kenntnis von der Geschwindigkeitsbeschränkung begründet allerdings allein noch keinen Vorsatz (vgl. OLG Karlsruhe NZV 1993, 202, 203; OLG Hamm NZV 1998, 124). Vielmehr setzt eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Handelns in einem solchen Fall zusätzlich voraus, dass der Betroffene die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zumindest in Kauf genommen hat.

 

42

 

Auch dies wird von den Feststellungen des Amtsgerichts getragen. Der Betroffene hat in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang 3 Geschwindigkeitsverstöße begangen. Aus den Zeit- und Kilometerangaben folgt, dass der Betroffene den Abschnitt von km 117,2 bis km 125,2 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 99,65 km/h befahren hat (von km 117,2 bis km 120,3 98,76 km/h; von km 120,3 bis km 125,2 100,22 km/h). Bei dieser - objektiv gefahrenen – Durchschnittsgeschwindigkeit ist es nahezu ausgeschlossen, dass der Betroffene nur bei Überholvorgängen während der Geschwindigkeitsmessungen zu schnell gefahren ist. Der Schluss des Amtsgerichts bei dieser Fahrweise des Betroffenen auf eine bewusste Geschwindigkeitsüberschreitung im Bereich bis ca. 20 km/h über der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit ist zwar nicht zwingend, aber keinesfalls rechtsfehlerhaft. Bei der Vielzahl der Vorschriftszeichen kann angenommen werden, dass ein Kraftfahrer seine gefahrene Geschwindigkeit auch anhand eines Blickes auf den Tachometer wiederholt kontrolliert.

 

43

 

Zumindest ist bei dieser Sachlage aber davon auszugehen, dass der Betroffene eine Geschwindigkeitsüberschreitung bewusst in Kauf genommen hat. Das Bewusstsein des konkreten Umfangs der zulässigen Höchstgeschwindigkeit setzt vorsätzliches Verhalten dabei nicht voraus (Senatsbeschluss vom 03.11.2003, 1 Ss 207/03).

 

44

 

Zutreffend ist das Amtsgericht unter Berücksichtigung der vorsätzlichen Tatbegehung sowie des engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs der Gesetzesverstöße bei einheitlicher Verkehrsregelung von einem tateinheitlichen Handeln ausgegangen.

 

45

 

Ob bei mehrfachen Geschwindigkeitsverstößen im Bereich der Thüringer Tunnelkette auch in anderen Fällen vorsätzliches Handeln angenommen werden kann, muss im Einzelfall geprüft werden. Jedenfalls bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit an drei aufeinanderfolgenden Messstellen wird ein vorsätzlicher Verkehrsverstoß nahe liegen.

 

46

 

4. Die Festsetzung der Geldbuße von 80,00 € - die Regelgeldbuße nach Nrn. 11.3.2 und 11.3.3 des Bußgeldkataloges für fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitungen beträgt im Bereich von 11 – 15 km/h 20 € und im Bereich von 16 – 20 km/h 30,00 € - ist unter Berücksichtigung der vorsätzlichen und tateinheitlichen Begehungsweise nicht zu beanstanden.

 

IV.

 

47

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

 

Quelle: juris

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  • 10 months later...

Anforderungen an Feststellungen zum Vorsatz des Betroffenen bei

Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

 

Zum Vorsatz bei der Geschwindigkeitsüberschreitung. (Aus den Gründen: ...Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Verkehrsverstoss sich ausserhalb geschlossener Ortschaft auf einer Autobahn zugetragen hat, auf der - zumindest grundsätzlich - eine Geschwindigkeitsbeschränkung nicht besteht. Auch die Tatsache, dass der Betroffene nach den Urteilsfeststellungen eingeräumt hat, zu schnell gefahren zu sein, vermag die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht zu begründen. Der Betroffene hat sich jedoch eingelassen, die die Geschwindigkeit beschränkenden Verkehrsschilder, die nach den Urteilsfeststellungen am linken Fahrbahnrand angebracht waren, nicht gesehen zu haben. Allein die Tatsache, dass auf dem von der Polizei gefertigten Videofilm die geschwindigkeitsbeschränkenden Verkehrsschilder deutlich sichtbar sind, ist nicht geeignet, die Einlassung des Betroffenen zu widerlegen...).

 

OLG HAMM vom 15.07.2008, 4 SS OWI 550/08

 

Fundstellen

ADAJUR-ARCHIV

 

Alleinige Entscheidung des Tatrichters hinsichtlich der Personenidentität von Betroffenem und Radarfoto

 

Ob das Lichtbild die Feststellung zulässt, dass der Betroffene der abgebildete Fahrzeugführer ist, hat allein der Tatrichter zu entscheiden. Die Überprüfung dieser tatrichterlichen Überzeugung ist dem Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich untersagt. Überprüfbar für das Rechtsbeschwerdegericht ist lediglich die Frage, ob das Belegfoto, wenn darauf wie hier prozessordnungsgemäss Bezug genommen worden ist, überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. (Aus den Gründen: ...Der Betroffene hat seine Fahrereigenschaft bestritten. Das Amtsgericht hat aufgrund eines Vergleichs mit den bei der Verkehrsüberwachung gefertigten Lichtbildern, auf die im Urteil ordnungsgemäss Bezug genommen worden ist, den Betroffenen als Fahrer festgestellt. Die in Bezug genommenen Lichtbilder sind entgegen des Rechtsbeschwerdevorbringens von guter Qualität und ermöglichen die Identifizierung des Fahrers zweifelsfrei...).

 

OLG HAMM vom 9.07.2008, 4 SS OWI 224/08

 

Fundstellen

ADAJUR-ARCHIV

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  • 4 months later...

Einstellung eines Verfahrens wegen Überschreitung der zHg von 30 km/h

 

Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 30.05.2008 um 19:32 in Schwerin, Reiferbahn, Fahrtrichtung Wallstraße, die zul. HG von 30 km/h um 27 km/h überschritten zu haben. Der Betroffene gab an, das Tatfahrzeug im Auftrag seines Vaters vom Parkdeck des Schloßparkcenters abgeholt zu haben, und die Fahrt in die Innenstadt von Schwerin (30-Zone) mit dem Zug vorgenommen zu haben. Bei der anschließenden Fahrt habe er als Ortsunkundiger nicht erkennen können, sich in einer 30-Zone zu befinden. Da der Vater des Betroffenen noch angehört werden sollte, wurde die Verhandlung vertagt.

Beim heute neu anberaumten Termin machte der Vater von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Trotz Vorliegens der Zugfahrpläne (von Hagenow) nach Schwerin (es bestanden Zweifel an der Anreise mit dem Zug) entschied die Richterin zugunsten des Betroffenen.

Aufgrund der Tatsache, daß die 30-Zone für Anreisende, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfahren, beim verlassen des o.a. Parkdecks nicht ohne weiteres erkennbar ist, wurde das Verfahren eingestellt.

 

AG Schwerin, AZ: 35 OWi 1337/08

 

Anm: Es ging um einen probezeitrelevanten Verstoß, Meßstelle sh. Galerie.

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Einstellung eines Verfahrens wegen Überschreitung der zHG von 25 km/h

 

Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, mit seinem Fzg. am 16.07.2008 um 18:27 in Schwerin, B 321, Höhe Dekra, FRi stadteinwärts, die zHG um 25 km/h überschritten zu haben.

Die Meßentfernung betrug 345 m, die gemessene Geschwindigkeit betrug 98 km/h, in Abzug zu bringen sind 3 km/h, die zulässige HG betrug 70 km/h, Meßgerät war ein Traffipax LaserPatrol.

Der Betroffene gab an, erst in Höhe der Dekra auf die B 321 aufgefahren zu sein, und sich dann in den fließenden Verkehr eingefädelt zu haben. Hierbei wurde er von einem anderen Kfz überholt. Während der gesamten Fahrstrecke auf der B 321 bis zur Anhaltung habe er sich auf der rechten Fahrspur befunden.

Der als Zeuge auftretende Meßbeamte konnte sich zwar an die Meßstelle, nicht mehr jedoch an den Einzelfall erinnern.

Laut Meßprotokoll habe sich das gemessene Fzg. allerdings in der linken Fahrspur befunden, während es an einer Kolonne vorbeifuhr. Der Meßbeamte befand sich im Übrigen vom Anhalteposten abgesetzt, noch dazu auf der anderen Straßenseite der hier 4-spurigen B 321. Der Beamte gab an, das jeweilige gemessene Fzg. im Blick zu behalten, und es dann per Funk an den Anhalteposten zu übergeben.

Ein weiterer Zeuge, der mit dem Betroffenen übereinstimmende Aussagen machte, gab an, das möglicherweise gemessene Fzg. geführt zu haben, und wunderte sich, warum nicht er anstatt des Betroffenen angehalten wurde. Er kam später zur Meßstelle zurück, und machte mehrere Fotos von der Meßstelle.

Aufgrund der Tatsache, daß im Meßprotokoll die linke Fahrspur angegeben war, der Betroffenen aber angab, auschließlich die rechte bis zur Anhaltung befahren zu haben, schloß die Richterin eine Falschzuordnung nicht aus, und stellte das Verfahren ein.

 

AG Schwerin, AZ: 35 OWi 19/09

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  • 8 months later...

AG Herford Urteil vom 12.09.2008 Az. 11 OWi 53 Js 2782/07

 

eigener Leitsatz

 

Eine Lasermessung ist aufgrund der fehlenden Überprüfbarkeit nicht verwertbar, da durch die fehlende Bildokumentation ein Beweis nicht möglich ist.

Der Betroffene ist daher vom Vorwurf freizusprechen.

 

Leider kein Volltext, obwohl es ansonsten fast alle Entscheidungen in NRW als Volltext gibt,

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OLG Dresden Beschluss vom 27.08.2009 Az. Ss OWi 410/09

 

eigener Leitsatz

 

Ein abweichen von den internen Richtlinien zur Überwachung des fließenden Verkehrs mittels Geschwindigkeitsmessgeräten kann ein Absehen vom Regelfahrverbot zur Folge haben.

 

kein Volltext verfügbar

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AG Dillenburg Beschluss vom 02.10.2009 Az. 3 OWi 2 Js 54432/09

 

eigener Leitsatz

 

Bei der Messung mit der Poliscanspeed (PSS) handelt es sich nicht um ein standardisiertes Messverfahren.

Aufgrund der Nichtnachprüfbarkeit der Zuordnung des Messwertes zum Fahrzeug aufgrund der fehlenden Bereitschaft des Herstellers Vitronic die technischen Parameter bereitzustellen, war der Betroffene freizusprechen.

Bei einem Messgerät welches bei der Spurzuordnung und der Zuordnung des gemessenen Fahrzeugtypes (Pkw, Lkw) jeweils Fehlerquoten von rund fünf Prozent aufweist, lässt es nicht ausschließen, das bei mehreren Fahrzeugen es ebenfalls zu einer fehlerhaften Zuordnung des Messwertes zu nicht gemessenen Fahrzeugen kommen kann.

 

kein Volltext verfügbar

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  • 1 month later...
Guest bigfoot49

Einem Verkehrssünder ist grundsätzlich zuzumuten, durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen die Zeit des Fahrverbots zu überbrücken, zum Beispiel durch Inanspruchnahme von Urlaub, Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Inanspruchnahme einer Fahrgemeinschaft, Anstellen eines bezahlten Fahrers u. a.

 

Die hierdurch auftretenden finanziellen Belastungen hat der Betroffene hinzunehmen, notfalls durch Aufnahme eines Kredits.

 

Darauf verweist der Limburger Fachanwalt für Verkehrsrecht Klaus Schmidt-Strunk, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) vom 30.10.2009, Az.: 2 Ss OWi 239/09.

http://www.computerwoche.de/management/com...-recht/1929751/

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  • 2 years later...

Kein Vier-Augen-Prinzip bei Lasermessungen erforderlich

 

Oberlandesgericht OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2012 Az.: III-3 RBs 35/12

 

Ein "Vier-Augen-Prinzip", nach dem eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Lasermessgerät "Riegl FG 21-P" nur zur Grundlage einer Verurteilung gemacht werden kann, wenn der vom Gerät angezeigte Messwert und die Übertragung dieses Messwertes in das Messprotokoll von einem zweiten Polizeibeamten kontrolliert worden ist, existiert nicht (entgegen AG Sigmaringen, Urteil vom 04.05.2010 - 5 OWi 15 Js 9971/09 -,

 

Volltext

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  • 2 months later...

Das OLG bestätigt noch einmal seine Entscheidung

 

Oberlandesgericht OLG Hamm, Beschluss vom 19.07.2012 Az.: III-3 RBs 66/12

 

Die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels beruht auf den Gründen, die die Generalstaats­anwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 04. Juni 2012 zutreffend dargelegt hat. Diese Ausführungen entsprechen der ständigen Rechtsprechung des Senats und der obergerichtlichen Rechtsprechung. Die Antragsschrift ist dem Betroffenen bzw. sei­nem Verteidiger zur Kenntnis und eventuellen Stellungnahme am 13. Juni 2012 zu­gestellt worden; eine Gegenerklärung hierauf ist nicht erfolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift der Ge­neralstaatsanwaltschaft Bezug, die durch das Beschwerdevorbringen nicht ausge­räumt werden.

3

Ergänzend ist lediglich folgendes auszuführen:

4

Soweit der Betroffene geltend macht, die Verwertbarkeit einer Lasermessung ver­lange grundsätzlich die Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ ist diese Frage oberge­richtlich geklärt und rechtfertigt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht. Inso­weit wird verwiesen auf die Ausführungen des Senats in einer insoweit gleich­gela­gerten Bußgeldsache im Beschluss vom 21. Juni 2012, Az.: III-3 RBs 35/12.

5

Soweit hier von Relevanz, hat der Senat im vorgenannten Beschluss folgendes aus­geführt:

6

„Ein derartiges „Vier-Augen-Prinzip“ gibt es nicht. Existiert – wie bei dem in der vorlie­genden Sache eingesetzten Lasermessgerät – RieglFG 21-P keine von dem techni­schen Messsystem selbst hergestellte fotografisch-schriftliche Dokumentation des Messergebnisses, sind die Fragen nach dem vom Gerät angezeigten Messwert und nach der Zuordnung des Messergebnisses zu einem bestimmten Fahrzeug unter Heranzie­hung der hierfür im jeweiligen Einzelfall vorhandenen Beweismittel (z. B. Zeugen­aussagen der beteiligten Polizeibeamten, Messprotokoll) nach dem Grund­satz der freien Beweiswürdigung (§§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, § 261 StPO) zu klären (vgl. Senat, VRS 92, 275; OLG Köln, Beschluss vom 05. Januar 2012 – Az.: III-1 RBs 365/11 [zitiert nach www.burhoff.de]; vgl. allgemein auch BGHSt 23, 213). Ihre Grenze findet die freie Beweiswürdigung nur in der Pflicht zur erschöpfenden Sach­aufklärung und in den Beweisverboten des Verfahrensrechts (vgl. BGH, a.a.O.).

a)

8

Eine verfahrensrechtliche Vorschrift (Beweisverbot), die die Verwertung eines allein von einem Polizeibeamten – ohne Kontrolle durch einen weiteren Beamten – vom Anzeigenfeld des Messgerätes abgelesenen und in das Messprotokoll eingetragenen Messwertes untersagt, existiert nicht. Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass nicht einmal die in Nordrhein-Westfalen polizeiintern geltende Ver­waltungsvorschrift „Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen“ (Runderlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom

9

19. Oktober 2009 [MBl. NRW 2009, 502]) entsprechende Vorgaben enthält.

10

b)

11

Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht existiert keine Regelung, die ein „Vier-Augen-Prinzip“ in dem von der Verteidigung geforderten Sinne beinhaltet. Eine entspre­chende materiell-rechtliche Regelung käme einer Vorgabe gleich, unter welchen Vo­raussetzungen der Tatrichter eine Tatsache (hier die Höhe des von dem Mess-gerät angezeigten Messwertes) für bewiesen halten darf, und enthielte damit eine Beweis­regel. Dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung sind Beweisregeln indessen fremd (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. [2011], § 261 Rdnr. 11 m. w. N.). Die Frage, welchen Messwert das Messgerät angezeigt hat, betrifft vielmehr allein die tatrichter­liche Beweiswürdigung im Einzelfall (vgl. OLG Köln, a.a.O.). ….“

12

Ein Zulassungsgrund ergibt sich mithin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.

 

Volltext

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OLG Düsseldorf Beschluss vom 28.02.2011 Az.: IV-4 Rbs 29/11

 

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 480,-- € sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

2

Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 2. November 2009 um 19.56 Uhr mit dem PKW .., amtliches Kennzeichen …., die Autobahn A 42 in Fahrtrichtung Dortmund ausweislich einer mit einem Verkehrsradargerät Multanova F6 durchgeführten Messung mit einer Geschwindigkeit von 177 km/h und überschritt dadurch die dort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h nach Abzug eines Toleranzwertes von 6 km/h um 51 km/h.

3

Die Überzeugung davon, dass das Fahrzeug zur fraglichen Zeit von dem Betroffenen geführt wurde, hat das Amtsgericht aufgrund der bei den Akten befindlichen Radarfotos gewonnen. Hierzu heißt es im Urteil:

4

"Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt Fahrer des PKW …, amtliches Kennzeichen: …., gewesen ist. Die Lichtbilder gemäß Hülle Blatt 25 der Akte wurden in Augenschein genommen. Darauf ist die Person des Fahrers des Fahrzeuges abgebildet. Auf diese Abbildungen wird wegen der Einzelheiten gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen. Der Abgleich mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen hat die sichere Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Betroffene die auf den in Augenschein genommenen Lichtbildern abgebildete Person ist."

5

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

6

II.

7

Die gemäß §§ 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und gemäß §§ 79 Abs. 3 OWiG, 341 Abs. 1, 344, 345 StPO form-und fristgerecht angebrachte Rechtsbeschwerde hat in der Sache (vorläufig) Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und Zurückweisung der Sache an das Amtsgericht. Die vom Bußgeldrichter getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht.

 

[...]

 

Unzureichend sind indes die Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Identifizierung des Betroffenen anhand der im Rahmen der Geschwindigkeitsmessung gefertigten Radarfotos. Auch wenn in Bußgeldsachen an die Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, muss jedenfalls die Schilderung der Beweiswürdigung so beschaffen sein, dass sie dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung auf Rechtsfehler ermöglicht (vgl. Göhler, OWiG, 14. Auflage, § 71 Rn. 41). Daran fehlt es hier. Denn die erfolgte Bezugnahme auf die bei den Akten befindlichen Lichtbilder nach §§ 267 Abs. 1 S. 3 StPO, 71 Abs. 1 OWiG reicht im vorliegenden Fall nicht aus, dem Senat die ihm zufallende Prüfung zu ermöglichen, ob die Belegfotos überhaupt als Grundlage für eine Fahreridentifizierung geeignet sind.

10

Macht der Tatrichter von der Möglichkeit des § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Gebrauch, so sind zwar im Regelfalle darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich. Dies gilt jedoch nur dann, wenn das Foto – wie etwa ein Frontfoto, das die einzelnen Gesichtszüge erkennen lässt – nach Inhalt und Qualität zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist (vgl. BGHSt 41, 376, 378; Göhler, a.a.O., Rn. 47a; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 267 Rn. 10 jeweils m.w.N.).

11

Hier lässt es jedoch die schlechte Qualität der vom Amtsgericht in Bezug genommenen Abbildungen als zweifelhaft erscheinen, dass diese eine tragfähige Basis für die Überführung des Betroffenen darstellen können. Denn die Gesichtszüge des Fahrers sind auf den Radarfotos nur unscharf zu sehen, klare Konturen von Nase, Mund und Augen sind nicht erkennbar, die Stirnpartie sowie der Haaransatz werden durch den Rückspiegel vollständig verdeckt. In Anbetracht der danach nur eingeschränkten Eignung der Fotos zur Identitätsfeststellung hätte der Bußgeldrichter im vorliegenden Fall konkret darlegen müssen, warum es ihm gleichwohl möglich gewesen ist, den Betroffenen als Fahrzeugführer zu erkennen. Hierzu hätte er Ausführungen zur Bildqualität machen sowie die – auf dem Foto erkennbaren – charakteristischen Merkmale der abgelichteten Person, die für seine Überzeugungsbildung bestimmend waren, benennen und beschreiben müssen (vgl. BGH a.a.O.; Göhler a.a.O.; Meyer-Goßner a.a.O.) An einer solchen für den Senat nachvollziehbaren Darstellung der Beweiswürdigung fehlt es indes.

 

Auch interessant

 

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass auch der Ausspruch zum Fahrverbot im angefochtenen Urteil rechtlicher Überprüfung nicht standhält.

14

Zu beanstanden ist insoweit, dass das Amtsgericht die Frage unerörtert lässt, ob von der Verhängung des an sich verwirkten Fahrverbots unter gleichzeitiger Erhöhung der festgesetzten Geldbuße abgesehen werden konnte, weil bei diesem Betroffenen der mit dem Fahrverbot erstrebte Besinnungs- und Erziehungseffekt auch auf diese Weise erreicht werden kann. Zwar ist das Gericht bei Vorliegen eines Regelfalles nach der Bußgeldkatalog-Verordnung, wenn keine durchgreifenden Anhaltspunkte für ein Abweichen erkennbar sind, von der Verpflichtung enthoben, die grundsätzliche Angemessenheit der Verhängung eines Fahrverbotes besonders zu begründen. Desgleichen sind auch keine näheren Feststellungen dazu erforderlich, ob – unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg durch eine Erhöhung der Geldbuße erreicht werden kann. Der Tatrichter muss sich aber dieser Möglichkeit bewusst gewesen sein und dies in den Entscheidungsgründen grundsätzlich erkennen lassen (vgl. BGH NStZ 1992,135,136). Daran fehlt es hier. Den Ausführungen des Bußgeldrichters zum Rechtsfolgenausspruch lässt sich – auch unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe – nicht entnehmen, dass er sich der Möglichkeit bewusst gewesen ist, trotz Annahme eines Regelfalles nach der Bußgeldkatalog-Verordnung von der Verhängung eines Fahrverbotes bei gleichzeitiger – nochmaliger – Erhöhung der Geldbuße absehen zu können. Die Urteilsgründe verhalten sich ausschließlich zu der Frage, ob ein Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes wegen Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte geboten erscheint. Soweit das Amtsgericht eine Erhöhung der Regelbuße auf einen Betrag von 480,-- € vorgenommen hat, wird dies allein mit dem Bestehen von Vorbelastungen begründet; Ausführungen zur Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot fehlen indes.

15

Dies lässt besorgen, dass das Amtsgericht den Umfang des ihm eröffneten Ermessensspielraumes verkannt hat.

 

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AG Sigmaringen, Urteil vom 12.02.2013, Az.: 5 OWi 15 Js 7112/12

 

Vieraugenprinzip in Baden Württemberg verpflichtend.

 

Das Vier-Augen-Prinzip ist somit jedenfalls im Land Baden-Württemberg bei jeder Messung mit dem Lasermessgerät Riegl FG21-P zu beachten . Die Oberlandesgerichte Düsseldorf (Beschluss vom 13.9.2012, IV-2 RBs 129/12 , DAR 2012, S. 646 und BeckRS 2012,19400) und Hamm ( BeckRS 2012, 18144 und 18145) haben die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwindigkeitsmessungen kein Vier-Augen-Prinzip gelte. Dies ist jedenfalls für das Land Baden-Württemberg nicht zutreffend. Das Prinzip berücksichtigt die Tatsache, dass bei diesem Messverfahren kein Foto gefertigt wird, aus welchem die gemessene Geschwindigkeit abgelesen werden kann. Daher muss gewährleistet sein, dass der gemessene Wert richtig abgelesen und ins Messprotokoll eingetragen wird. Es dient somit dem Zweck, Ablese- und Übertragungsfehler zu vermeiden. Sowohl der Messbeamte als auch der Beobachter müssen das Messergebnis ablesen. Nach dem Eintrag in das Messprotokoll müssen beide kontrollieren, ob die Eintragung auch richtig erfolgt ist.

 

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  • 5 months later...

XXX

 

Recht aktueller Entscheid des CH-Bundesgerichts zum Thema Notstandshilfe und Raserei......

 

[mod]

Hier ein nutzbarer Link von Bananenbrot dazu:

http://www.law-news.ch/2013/05/kein-fuehrerausweisentzug-nach-raserfahrt-zum-spital

Das Urteil betrifft den Fall eines Mannes, der von der Geburtsklinik angerufen wurde, da sich sein neugeborene Baby in einem lebensbedrohlichen Zustand befand. Der Vater wurde aufgefordert, unverzüglich in die Klinik zu kommen, um anstelle seiner nicht ansprechbaren Ehefrau über die Anwendung lebenswichtiger Massnahmen bei dem Kind zu entscheiden.

Auf dem Weg zur Geburtsklinik fuhr der Mann morgens um fünf Uhr mit über 60 km/h durch eine Tempo-30-Zone.

[/mod]

Edited by Gast225
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  • 2 weeks later...

Moin Moin

 

OLG Schleswig vom 31.10.13 Az: 1Ss Owi 141/13

zu PoliScanSpeed und Eso 3.0

 

Messungen mit diesen Geräten sind standartisierte Messverfahren, auch wenn die genaue Funktionsweise nicht bekannt ist.

 

"Durch die amtliche Zulassung eines Messgerätes bestätigt die Bundesanstalt, dass sie die Ermittlung des Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegten Vorgehensweise einer sachverständigen Prüfung unterzogen und die Messergebnisse als innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat. Damit steht die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Geräts fest und macht Informationen zu dessen genauer Funktionsweise entbehrlich. Die genaue Funktionsweise von Messgeräten ist den Gerichten auch in den Bereichen der Kriminaltechnik und der Rechtsmedizin nicht bekannt, ohne dass insoweit jeweils Zweifel an der Verwertbarkeit der Gutachten aufgekommen wären, die auf den von diesen Geräten gelieferten Messergebnissen beruhen. Nach welchem Prinzip das Geschwindigkeitsmessgerät funktioniert, ist bekannt."

 

 

http://openjur.de/u/663933.html

 

 

Gruß

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  • 7 months later...

OLG Hamm Beschluss vom 04.09.2014, Az.: 1 RB 125/14

 

Leitsatz

Das eine Schneeflocke (vgl. § 39 Abs. 7 StVO) darstellende Zusatzschild i.S.v. § 39 Abs. 3 StVO zum die Geschwindigkeit begrenzenden Schild enthält bei sinn- und zweckorientierter Betrachtungsweise lediglich einen -- entbehrlichen -- Hinweis darauf, dass die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Gefahrenabwehr wegen möglicher winterlicher Straßenverhältnisse dient.

 

 

Der Umstand, dass die Fahrbahn zum Tatzeitpunkt nach den Feststellungen trocken war, berechtigte nicht, eine höhere als die angeordnete Geschwindigkeit zu fahren. Anders als bei dem Schild „bei Nässe“ (StVO Anl. 2 lfd. Nr. 49.1.) enthält das vorliegende Zusatzschild eben gerade keine solche verbale zeitliche Einschränkung. Auch bei trockener Fahrbahn war zudem die geschwindigkeitsbeschränkende Anordnung nicht etwa nichtig und damit unbeachtlich.

 

 

Quelle: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2014/1_RBs_125_14_Beschluss_20140904.html

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  • 7 months later...

Bei diesem Urteil sollte auch die Fahrerlaubnis noch geprüft werden, bei Fahrzeugen über 2,8t ist die C1 erforderlich.

Das hast Du bitte woher?

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  • 3 months later...

Heute am AG Schwerin verhandelt:

 

Fall 1: Vorwurf Überschreitung der zHG um 22 km/h igO in Schwerin (B 106, zHG 70 km/h). Der Verteidigung ging es um die Zustellung des BGB, dieser wurde an den RA des Beschuldigten zugestellt, wogegen der Beschuldigte lediglich eine Abschrift erhielt.

Da sich der Fall ohne Anhörung weiterer Zeugen (SB der Bußgeldstelle) bzw. Zusendung weiterer Unterlagen nicht wie vorgesehen abschließen ließ, bot der Richter dieses dennoch gegen Senkung des Bußgeldes auf 55 € an, außerdem erfolgt kein Eintrag ins Zentralregister. Der Vorschlag wurde von der Verteidigung angenommen.

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Fall 2:

 

Vorwurf Überschreitung der zHG um 34 km/h igO in Schwerin, Grevesmühlener Chaussee, Richtung Grevesmühlen.

Die Verteidigung plädiert auf Ortsunkundigkeit, da nach verlassen der B 106 (70 km/) nicht zwingend zu erkennen ist, daß man sich weiterhin igO befindet. Dem folgt der Richter, gibt aber zu bedenken, daß eben nach verlassen dieser Schnellstraße automatisch Tempo 50 gilt (es wurde ja kein Ortsausgangsschild passiert).

Urteil: Das Fahrverbot wird fallengelassen, Bußgeld und Eintrag ins Zentralregister bleiben.

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  • 4 weeks later...
  • 2 months later...

Moin Moin

 

 

Die Alberto Methode bzw. Er-Sa-Fa wurde neulich vom OLG Stuttgart als Straftat abgewatscht.

Man sollte sich zukünftig wohl sehr genau überlegen, ob man wegen der eigenen Raserfahrt einen anderen, völlig unschuldigen (den besten Freund?) zum Straftäter macht bzw. ob man zur Abwehr einer Owi eines anderen zum Straftäter wird.

 

Möglicherweise ziehen andere OLG nach, wenn sowas zur Anzeige gelangt.

 

OLG Stuttgart Urteil vom 23. Juli 2015 · Az. 2 Ss 94/15

 

"Führen der Täter einer Ordnungswidrigkeit und eine mit ihm zusammenwirkende, an der Tat unbeteiligte Person die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre, indem sich die weitere Person selbst zu Unrecht der Täterschaft bezichtigt, kann dies für den Täter zu einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und für die weitere Person wegen Beihilfe hierzu führen."

 

 

http://openjur.de/u/859587.html

 

 

 

 

Gruß

----------------------

Ich habe mal die Diskussion ausgelagert

http://www.radarforum.de/forum/index.php/topic/25114-diskussionen-zu-den-aktuellen-urteilen/?p=863551

Edited by Gast225
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