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Wir haben heute über Elektrosmog gesprochen. Kurzer Beitrag dazu:

 

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ÖKO-TEST November 99

Telefone, DECT

 

Von der Leine gelassen

 

 

Digitale Schnurlos-Telefone erobern zur Zeit den Markt. Sie sind bequem und bieten jede Menge Komfort. Sie strahlen aber übermäßig durch Zimmerwände und machen jede Menge Elektrosmog.

 

Eines Sommers bekam Sabine Willems Schlafstörungen: Sie wachte oft auf und konnte schlecht wieder einschlafen. Sie wunderte sich, denn das Haus war weder umgebaut, noch waren neue Geräte oder Möbel angeschafft worden. Sie schob ihre Schlaflosigkeit deshalb auf den Streß, den sie als Industriekauffrau und Mutter hatte.

Als nach einem halben Jahr immer noch keine Besserung eintrat, setzte sie sich mit dem Neusser Baubiologen Wolfgang Maes in Verbindung. Er nahm die Wohnung in Augenschein und stellte mit aufwendiger Technik fest, daß ein schnurloses Telefon in der Nähe sein typisches Strahlenfeld aussendete. Sabine Willems: "Ich hatte vorher nie gehört, daß Telefone solche Felder verursachen können." Erst als Maes nachfragte, fiel ihr ein, daß der Nachbar etwas von einem neuen Telefon erzählt hatte.

Doch der wohnt im Nebenhaus, ein paar Meter weg. Maes war sich sicher, daß dort die Elektrosmog-Quelle steht. "Zum Glück hat der Nachbar mir geglaubt und sein Telefon ausgetauscht", erzählt Sabine Willems. "Danach ging es mir tatsächlich rasch besser."

Ein typischer Fall für Wolfgang Maes. Der Sachverständige für Baubiologie und ÖKO-TEST-Berater wird immer wieder zu Menschen gerufen, die unter unbestimmten Beschwerden leiden: Sie schlafen schlecht, sind unruhig und nervös. Natürlich hat jeder mehr oder weniger Streß. "Das Auffällige ist aber, daß viele Betroffene ein relativ neues schnurloses Telefon angeschafft haben - manchmal eben auch der Nachbar", berichtet Maes. Nach Austausch des Telefons verschwinden die Probleme. "Das beobachte ich so häufig, das kann kein Zufall sein", sagt der Elektrosmog-Experte.

Dabei geht es ausschließlich um schnurlose Telefone, die nach dem sogenannten DECT-Standard arbeiten. Dieser digitale Standard ermöglicht benutzerfreundliche Funktionen. Damit das funktioniert, werden die Funkwellen "gepulst", also in viele kleine Stücke zerhackt. Darüber hinaus prüft die Basisstation der DECT-Geräte ständig, ob gerade jemand telefoniert. Rund um die Uhr sendet sie ununterbrochen gepulste Strahlung durch Haus und Wohnung - bis zu den Nachbarn. Und zwar auch dann, wenn der Hörer friedlich zum Laden in der Basisstation steckt.

Es ist aber genau der Puls, 100mal in jeder Sekunde, der kritische Forscher auf den Plan gerufen hat. Sie fanden heraus, daß gepulste Strahlung von Schnurlosen wie übrigens auch von Handys die Hirnströme verändern und den Informationsfluß zwischen den Körperzellen behindern kann. Viele sehen darin nicht nur die Ursache von Schlaflosigkeit, sondern befürchten auch Beeinträchtigungen des Immunsystems bis hin zu Krebs. Im Gegenzug verkünden andere Studien immer wieder, es bestehe keine Gefahr. Solche Studien werden vor allem von Herstellern und ihren Verbänden vorgelegt. Auf ihnen beruhen auch die offiziellen Grenzwerte.

Auch Familie Willems besitzt ein Schnurlos-Telefon. Es war jedoch nicht die Ursache für die Schlafstörungen von Sabine Willems. Denn es funktioniert noch nach dem älteren CT1+-Standard. Diese Funkwellen sind analog und nicht gepulst. Wird der Hörer aufgelegt, hört es auf zu senden. "Diese Telefone sind harmlos, es gibt keine Hinweise auf eine biologische Wirkung", bestätigt Dr. Lebrecht von Klitzing, von der Uniklinik in Lübeck. Er hatte mit seinen Untersuchungen der Hirnströme die Diskussion um Funkwellen entfacht.

CT1+ scheint die perfekte Lösung im Hinblick auf eine unerwünschte Elektrosmog-Belastung - allerdings verschwinden diese Telefone langsam vom Markt. Anbieter Philips beispielsweise verkauft inzwischen "deutlich mehr" DECT-Telefone. Die Deutsche Telekom bietet in ihren T-Punkt-Läden gar nur noch DECT-Geräte an.

Denn DECT kann mehr. Digitale Geräte sind wesentlich abhörsicherer. Es lassen sich stets mehrere Hörer in Verbindung mit einer Basisstation verwenden. Funktionen wie Anklopfen und ein eingebautes Telefonbuch haben immer mehr der Modelle zu bieten. "Außerdem ist DECT so billig geworden, da kauft keiner mehr die alten Gurken", sagt ein Frankfurter Händler.

Die führende Fachzeitschrift connect testet nur noch schnurlose DECT-Telefone. "CT1+ ist für unsere Leser nicht mehr attraktiv", sagt Redakteur Bernhard Jodeleit. Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post schließlich droht dem analogen Standard sogar die Erlaubnis zu entziehen: Vom 1. Januar 2001 an dürfen keine neuen analogen Modelle mehr auf den Markt gebracht werden. Ab 2009 sollen die Telefone dann gar nicht mehr benutzt werden - so die derzeitige Planung. Wir wollten wissen, wieviel Strahlung die neuen digitalen Geräte nun tatsächlich abgeben, und haben 16 DECT-Modelle von Wolfgang Maes testen lassen. Ausgesucht haben wir einfache Telefone ohne Anrufbeantworter und Faxgerät aus der Preisklasse von 200 bis 350 Mark, dazu ein 690 Mark teures der Nobelmarke Bang & Olufsen. Zum Vergleich hat Wolfgang Maes zudem vier Telefone mit dem CT1+-Standard auf den Prüfstand gestellt.

Die Beurteilung der Handhabung und des Komforts der DECT-Modelle stammt von der Zeitschrift connect. Das führende Magazin für Telekommunikation testet regelmäßig nicht nur Schnurlose, sondern unter anderem Handys, Faxgeräte und Modems. Im verlagseigenen Labor werden die Geräte durchgemessen und in der Redaktion anhand eines Punkte-Rasters bewertet.

Das Dilemma: Obwohl alle 16 DECT-Geräte gute Praxisnoten bekamen, können wir wegen des Elektrosmogs, den alle ständig verursachen, keines empfehlen.

Das ist an den Schnurlosen zu kritisieren

Die Basisstationen aller getesteten DECT-Telefone senden gepulste Strahlung wie ein Mobilfunkturm in 20 Metern Abstand. Absoluter Spitzenreiter ist das Panasonic KX-TCD 950. Der Wert von 100 Nanowatt pro Quadratzentimeter (nW/cm2) wird auch in drei Metern Abstand noch von allen überschritten. Bei Strahlung dieser Stärke hat der Medizinphysiker Dr. Lebrecht von Klitzing Veränderungen der Hirnströme festgestellt. Dafür wird er stark angegriffen, läßt sich aber nicht beirren: "Wir empfehlen aus der Erfahrung mit erkrankten Kindern inzwischen sogar, 1 nW/cm2 nicht zu überschreiten", sagt er. Die Strahlung unserer Testgeräte lag selbst noch in zehn Metern Entfernung über diesem Wert.

Die vier CT1+-Telefone, die wir zum Vergleich mittesteten, zeigten wie erwartet kaum Strahlung, und die ist nicht gepulst.

Allen Telefonen liegen Akkus für den Hörer bei. Nur fünf Anbieter wählten modernere Nickel-Metallhydrid-Akkus, die übrigen elf liefern Nickel-Cadmium-Zellen. Sie können nicht nur durch den gefürchteten "Memory-Effekt" in ihrer Leistung nachlassen. Sie enthalten auch das giftige Schwermetall Cadmium.

Das haben DECT-Telefone zu bieten

Vier Telefone schneiden im Praxistest der Zeitschrift connect "sehr gut" ab - darunter das teuerste, das BeoCom 6000 von Bang & Olufsen für fast 700 Mark. "Eine Ausstattung, die keine Wünsche offenläßt", urteilt connect. Es bietet eine perfekte Übertragungsqualität, läßt sich leicht bedienen und verfügt über 200 Speicherplätze für Telefonnummern.

Andere Modelle bieten da gerade mal zehn Speicherplätze - beispielsweise das Siemens Gigaset 2010. Es hat trotzdem eine gute Note wegen seiner Reichweite und der guten Übertragung bekommen.

Die Deutsche Telekom heimste zweimal "sehr gut" ein. Sinus 44 Komfort kann anklopfen und makeln, also Gespräche vermitteln, es läßt sich mit seinem intelligenten Menü leicht bedienen und überträgt Schreien wie Flüstern einwandfrei. Fazit der connect-Redaktion: "respekteinflößend".

Das T-Concept C 710 "überzeugt in allen Testkategorien", vor allem durch "vorbildlich unkomplizierte Bedienung" und gute Übertragung. An der Ausstattung gab es zu bemängeln, daß Gesprächsdauer und -gebühren nicht angezeigt werden.

Dem Philips Onis 6210 gebührt eine lobende Erwähnung für die enorme Ausdauer des Akkus: Über 185 Stunden kann der Hörer ohne Nachladen empfangsbereit bleiben - eine Woche und einen halben Tag lang. Wer den Hörer nimmt und telefoniert, kann das 15 Stunden am Stück.

Nur schnurlose Telefone mit CT1+-Standard verursachen keinen bedenklichen Elektrosmog. Moderne DECT-Geräte dagegen machen jede Menge Dauerstrahlung. Die digitalen Telefone erkennen Sie entweder an dem Kürzel "DECT" im Namen. Oder aber das Telefon wird als "abhörsicher" angeboten. Bei Unklarheiten muß man sich beim Hersteller direkt erkundigen.

Wer bereits ein DECT-Telefon hat oder auf den technischen Komfort nicht verzichten möchte, sollte die Basisstation möglichst weit weg von Schlaf-, Arbeits- und Spielräumen aufstellen - im eigenen Haus zum Beispiel im Keller. So kommt nur ein Bruchteil der Strahlung an. Weil der Akku des Hörers regelmäßig an der Basisstation aufgeladen werden muß, aber wohl niemand dafür in den Keller geht, empfiehlt sich eine Extra-Ladestation in den Wohnräumen. Es gibt sie zu jedem Gerät als Zubehör.

Auch der Hörer eines DECT-Telefons gibt gepulste Strahlung ab, solange Sie telefonieren.

Die Nickel-Cadmium-Akkus für den Telefonhörer (erkennbar am Kürzel NiCd) dürfen erst wieder zum Aufladen in die Basisstation gesteckt werden, wenn der Speicher fast leer ist. Sonst verringert sich mit der Zeit ihre Kapazität.

Telefone mit Schnur verursachen keine bedenkliche Strahlung, auch nicht mit einem digitalen Anschluß. Es lohnt sich daher, am Schreibtisch oder im Lieblingssessel, wo man häufig telefoniert, ein Telefon mit Schnur zu benutzen.

Wer ein Hörgerät trägt, sollte ein schnurloses Telefon im Laden ausprobieren: Manchmal ist er Sender des Telefonhörers als deutliches Summen zu hören und stört das Hörgerät.

Den ÖKO-TEST Handys finden Sie in unserem Juni-Heft.

 

Autor: Stefan Becker

 

 

 

© 2003 by ÖKO-TEST Verlag GmbH, Frankfurt • ÖKO-TEST im Internet: www.oekotest.de

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Just heute morgen wurde unserem Nachbarn eine weitere Mobilfunkantenne per Kranwagen aufs Dach gehievt; müßte jetzt die dritte oder vierte sein. Mitten im dicht bebauten Altstadtbereich schon etwas gewagt, finde ich. Aber ein Techniker konnte meine Bedenken zerstreuen: die Strahlung ginge in einem Winkel von 60 Grad weg, meint er. Direkt unter der Antenne sei man am sichersten...

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