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Limit Wegen Lärmschutz Ohne Zusatzschild - Widerspruch?


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Hallo Gemeinde!

 

nach längerer Ruhepause möchte ich nun wieder "einsteigen". Vor allem das Thema Widerspruch interessiert mich sehr, da bei uns leider die Strassenverkehrsbehörden unter immer wilderen Begründungen Limits einrichten um entweder Einzelinteressen nachzugehen (irgendwie wohnen da immer zufällig in der Nähe Lokalpolitiker :abwarten: ) oder dort dann zu blitzen (ich habe erst neulich wieder einen 10er gespendet an einer vollig unsinnigen Begrenzung).

 

Wie auch immer. Nun wurde auf einer einfachen unschuldigen Landstrasse ein Tempolimit eingerichtet. Begrenzung auf 80 und der Zusatz "6-22 Uhr". Damit trifft man irgednwie genau den Berufsverkehr. Und der hat nun das Problem, LKW und Busse trotz langer Geraden nicht mehr überholen zu können, wenn diese mit 60-80 km/h dahindümpeln.

Das erregt leider mein sonst ruhiges Gemüt.

 

Als braver Bürger habe ich erstmal per Mail den Grund bei der zuständigen Behörde angefragt - und jetzt haltet euch fest - was zurückkam:

Ich habe mal alles konkrete verändert - obwohl ich nicht weiss, ob das nötig ist.

 

Der betroffene Bereich der „Musterstraße“ ist Teil des Naturparks Soschönesland und gerade in diesen Bereichen gibt es zahlreiche Anziehungspunkte wie z.B. Keltenoppidum, die Wanderwege zum Musterberg von der Endstation der U-Bahn , das Besucherinformationszentrum. Zahlreiche Touristen halten sich daher in diesem Gebiet auch zu Fuß und mit Rädern auf. Immer wieder kam es zu Beschwerden über den von der L 0815 ausgehenden Verkehrslärm, der den Erholungswert für die anderen Nutzer erheblich reduzierte.

 

Die Musterstadt hat sich daher entschlossen, mit dem Ziel eines ausgewogenen Interessenausgleichs die Geschwindigkeit auf 80 km/h zu reduzieren und zwar in den Zeiten, in denen Touristen in der Regel auch unterwegs sind – daher die zeitliche Beschränkung.

 

Ich finde das ganze für eine verkehrsrechtliche Anordnung höchst fragwürdig.

Folgende Punkte stören mich:

Das Limit wurde ja aufgrund Lärmschutzes eingerichtet. Ein ensprechendes Zusatzschild fehlt jedoch.

Ich glaube kaum, das ein Wanderer den Unterscheid zwischen 80 und 100 lärmtechnisch wahrnimmt. Der Wanderweg verläuft auch nicht neben der Strasse sonder ca 50 m davon entfernt im Wald.

Das Limit gilt von 06-22 Uhr - Touristen sind aber (wenn überhaupt - die Quote ist zumindest gefühlt äußerst gering) vll in der Zeit von 10-18 Uhr dort unterwegs. Um 6 habe ich zumindest noch nicht einen Wanderer in diesem Gebiet gesehen.

 

Meine interne Vermutung: in diesem Bereich tummeln sich viele Motorradfahrer, die es witzig finden, ohne dB-Eater da langzuprasseln, dass die Eulen aus den Bäumen fallen - das ist sicher nicht nett, Lärmkontrollen die sich gezielt hiernach umsehen, gab es leider auch nicht. Das hat schon häufiger zu viel Diskussionsstoff in den lokalen Medien geführt. Ich denke mal, das man hier eher in diese Richtung was machen will (obwlh das sinnloss ist, denn die Jungs stören solche Schilder leider auch nur begrenzt).

 

Ich überlege nun die von Kaimann beschriebenen Wege einzuschlagen und einen Wiederspruch einzureichen. Wie seht ihr das? Touristen um 6 ist defintiv keine Begründung, die vor irgendeinem Gericht bestand hätte, denk ich. Überhaupt ist die Begründung eines Limits wegen Lärm ohne konkrte Messstelle nach RAL-90 ohnehin nicht haltbar, oder sehe ich das falsch?

 

Und nun die spannende Frage: Was sind die "maximalen" finanziellen Folgen für mich, wenn alles scheitert? wie teuer ist so ein Widerspruchsbescheid?

 

Ich freue mich auf eine rege Diskussion :)

 

Grüße

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Moin Moin

 

 

ohne konkrte Messstelle nach RAL-90

Kannst ja mal eine Anregen.

Aber nicht, das dieser Brief zur Maler- und Lackiererinnung weitergeleitet wird.

 

 

Üblicherweise wird dieser (Verkehrs)Lärm nicht gemessen sondern berechnet - so schreibt es der § 3 der 16. BImSchV vor.

Erst unter bestimmten Voraussetzungen wird (Verkehrs)Lärm nach RLS-90 ermittelt - siehe Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV.

Wobei das Wort "ermittelt" suggeriert, daß nicht zwangsläufig gemessen werden muß - aber da mag ich mich irren.

 

http://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_16/anlage_1.html

 

 

 

Gruß

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Hallo Sobbel, das ist ja das Dilemma. Es wird gerechnet, nicht gemessen. Es werden Verkehrsdichte erwartet, nicht gezählt. Und Überschreitungen der zulässigen Geschwindigkeit findet nicht statt.

Auf die Spitze wird das Systhem beim Fluglärm getrieben. In Düsseldorf z. B. besteht ab 23 Uhr Flugverbot. Rechnerisch kein Lärm in der Nacht. Es kommen aber regelmäßig Flugzeuge zu spät, die werden nicht erfasst.

PS. Es gibt auch eine Messstation in der Anflugschneise, diese Daten werden zur Bewertung des Lärms nicht herangezogen.

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@2young2belasered: Normalerweise wäre 22-6 Uhr das klassische Lärmschutzlimit...Tageslärmlimits haben viel größere Anforderungen wie Kurorte - da werden z. B. Motorradfahrer auch gleich ausgesperrt -, siehe auch Klage/Urteile A661 Dreieich.

Das Widerspruchsverfahren im Verwaltungsrecht ist kostenfrei. Wenn die Behörde den Widerspruch mit Begründungsschreiben ablehnt, dann mußt Du beim Verwaltungsgericht klagen. Da trägt die Kosten der Verlierer. Typisch werden z. B. 5000 Euro Wert pro Limit angesetzt, sind nach Gerichtsgebühr so 360 Euro, die Du erstmal auf den Tisch legen mußt. In manchen Bundesländer ist das Widerspruchsverfahren abgeschafft und es muß gleich direkt geklagt werden. Die nächste Instanz sind dann die Oberverwaltungsgerichte, da wird dann auch ein RA (= Kosten) benötigt. Die oberste Instanz dann das Bundesverwaltungsgericht..

Ich tippe hier auf eine unerfahrene Provinzbehörde, die ein bischen rumdoktert und nicht damit rechnet, dass jemand sie unter die Lupe nehmen wird.

:nolimit:

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Erstmal Danke für die Rege Teilnahme.

Es handelt sich um Hessen. Ist hier das Widerspruchsverfahren möglich?

@ Sobbel: RAL-90 :doofwinkt: Aber du wusstes ja, was gemeint war ;) Puh. Rechnen kann man viel und Papier ist geduldig. Trotzdem habe ich bisher nur Grenzwerte für Wohngebiete, Gewerbegebiete etc gefunden, nicht jedoch für wandernde Touristen. RLS fällt damit also eigentlich aus - denn die Berechnung für zu einem Wert, der eine Grenze überschreiten muss, damit ein Limit in Frage kommt. Welche Grenze soll hier Anwenung finden?

 

Und wen überraschts: Heute standen sie bereits mit der Knipse am Rand. Na Bravo....

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Hier die passende Pressemitteilung

 

Wo fange ich an? Also gut:

 

1. Ein "fehlendes" Zusatzzeichen "Lärmschutz" ist keinesfalls Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Anfechtung. Ein solches Zusatzzeichen ist bislang noch nicht einmal im Verkehrszeichenkatalog enthalten. Wird es dennoch angeordnet, hat es allenfalls erläuternde Funktion. Aus meiner Sicht ist es generell überflüssig; unter Beschränkungen aus Verkehrssicherheitsgründen kommt ja auch kein Zusatzzeichen "Verkehrssicherheit" oder "Erhöhte Unfallgefahr".

 

2. Sinnvoll anzufechten ist nicht die angeordete Beschilderung, sondern die Verkehrsbeschränkung, die durch diese Beschilderung bekanntgegeben wird (hier: :80: ).

 

3. Das Widerspruchsverfahren ist in Hessen abgeschafft. Du mußt zum Zweck der Anfechtung unmittelbar vor dem zuständigen Verwaltungsgericht (VG Frankfurt) Klage einreichen. Dort kein Anwaltszwang, wohl aber vor der Berufungsinstanz, dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel. In einem solchen Fall würde man wohl damit rechnen müssen, daß die beklagte Straßenverkehrsbehörde im Fall ihrer Niederlage vor dem VG vor den VGH zieht, denn wenn ich die PM richtig lese, geht es immerhin um ein Denkmal, das sich ein Stadtrat hier offenbar setzen will (formal zuständig ist übrigens der Bürgermeister). Im Fall einer Klage könnte es zweckmäßig sein, analog zu Deiner Argumentation hilfweise zu beantragen, die Straßenverkehrsbehörde zu verpflichten, den Gültigkeitszeitraum neu festzulegen mit der Maßgabe, den Anfangszeitpunkt nicht vor (z. B.) 10 und den Endzeitpunkt nicht nach (z. B.) 18 Uhr zu legen.

 

4. Die Antwort, die Du erhalten hast, ist genauso larifari wie die oben verlinkte PM. Ich an Deiner Stelle würde mich damit nicht zufriedengeben, sondern gezielt nachfragen:

 

a) Auf welche konkrete Ermächtigungsnorm des § 45 StVO stützt die Straßenverkehrsbehörde ihre Anordnung, welches in § 45 StVO genannte Rechtsgut will sie damit schützen?

 

b) Worin bestehen die besonderen örtlichen Verhältnisse, aufgrund derer eine Gefahrenlage besteht, die im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt? Beschwerden von Ausflüglern allein begründen eine solche Gefahrenlage jedenfalls nicht; insofern ist insbesondere von Interesse, welche Sachverhaltsermittlungen die Straßenverkehrsbehörde im Vorfeld ihrer Anordnung angestellt hat, und zu welchem Ergebnis sie dabei gekommen ist.

 

5. Eine klassische Lärmschutzanordnung ist das jedenfalls nicht, denn aufgrund von § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO sind nur Anordnungen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm (und Abgasen) möglich. An der fehlt es hier naturgemäß. Denkbar ist z. B. eine Anordnung auf Grundlage von § 45 Abs. 1a Nr. 4 StVO. Hierzu gibt es m. W. nur sehr wenig Rechtsprechung, und bei dieser geht es in der Regel um die Sperrung irgendwelcher Feldwege und Nebensträßchen, aber nicht um Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Landesstraßen. Man müßte mal schauen, mit welcher Begründung diese Ermächtigungsnorm seinerzeit eingeführt worden ist, d. h. welche Intention der Verordnungsgeber damals verfolgte. Von daher sind die Erfolgsaussichten einer Anfechtung nicht ganz leicht zu beurteilen. Interessant wäre es jedenfalls schon, wie die Gerichte in einem solchen Fall entscheiden.

 

6. Falls jemandem wegen dieser Beschränkung auf dieser Strecke Punkte drohen, rate ich, Rechtsmittel einzulegen. Das mit der Punktereform neu eingeführte Fahreignungsregister zielt klar auf Verstöße, die die Verkehrssicherheit in besonderer Weise gefährden. Bei einer nicht aus Verkehrssicherheitsgründen angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung ist also zumindest denkbar, daß damit bei einem Verstoß insoweit kein Anlaß für eine Bepunktung besteht (zumindest, soweit die Überschreitung nicht so hoch ist, daß auch bei einer Überschreitung allein der allgemein geltenden Höchstgeschwindigkeit bereits Punkte fällig werden). Der Vollständigkeit halber: Man muß sich nicht erst blitzen lassen, um gegen eine Anordnung im Wege der Anfechtung vorzugehen. Die notwendige Betroffenheit ist bereits gegeben, wenn man sich bei der Benutzung einer Straße mit dem die Beschränkung oder das Verbot bekanntgebenden Schild (hier: :80: ) konfrontiert sieht.

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Moin Moin

Üblicherweise wird dieser (Verkehrs)Lärm nicht gemessen sondern berechnet - so schreibt es der § 3 der 16. BImSchV vor.

Erst unter bestimmten Voraussetzungen wird (Verkehrs)Lärm nach RLS-90 ermittelt - siehe Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV.

Wobei das Wort "ermittelt" suggeriert, daß nicht zwangsläufig gemessen werden muß - aber da mag ich mich irren.

 

http://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_16/anlage_1.html

 

 

 

Gruß

 

"Ermittelt" bedeutet in diesem Fall aufgrund der von Dir genannten Rechtsquelle in der Tat immer "berechnet". In diesem Fall gibt es aber nix zu berechnen, da keine Wohnbevölkerung bzw. Wohngebäude betroffen sind. Die maßgeblichen Beurteilungspegel der RLS beziehen sich auf Fensterflächen der Außanfassade von Wohngebäuden.

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